Das Rennen der Datenmonster

Was die Formel-1-Simulatoren und das von der GTÜ unterstützte SimRacing verbindet.

Fast schon unheimlich, was die jüngste Generation der Bewegungssimulatoren alles kann

Was haben Lewis Hamilton, 36, acht Weltmeistertitel in der Formel 1, und Mikka Maximilian Buck, 16, vom Team Eifel Racing gemeinsam? Eins auf jeden Fall: Beide verbringen eine ganze Menge Zeit mit Rennsimulationen. Hamilton, um sich einen Vorteil im Duell mit Max Verstappen zu verschaffen, Buck, um sein von der GTÜ unterstütztes Team im SimRacing nach vorn zu bringen. Ein paar Unterschiede gibt es zwischen den beiden dann aber schon: Während Lewis Hamilton einer der höchstbezahlten Athleten der Welt ist, frönt Buck seinem Hobby nach der Schule. Und während der Brite kein ausgesprochener Freund der Simulatorarbeit ist, kann sich der Deutsche kaum etwas Schöneres vorstellen. Was den Profi-Piloten und den Schüler wiederum eint, ist die hohe Qualität, die Rennsimulationen heute besitzen. Dank Lasertechnik und akkurater Datenverarbeitung kann jede noch so kleine Bodenwelle, jeder Randstein, jede Kurvenneigung einer Rennstrecke auf den Bildschirm gebracht werden.

Wer will schon schwankende Wohnzimmer?

Natürlich sind die Simulatoren in der Formel 1 so etwas wie die Champions League, sie funktionieren ähnlich wie die sich bewegenden Plattformen für Flugzeuge. So erlebt der Fahrer tatsächlich jede Lenkbewegung mit dem ganzen Körper mit, das kann ein Set-up für den Hausgebrauch natürlich nicht. Da kann selbst die Profiausstattung mit hydraulischen Pedalen, die Shootingstar Lando Norris zu Hause installiert hat, nicht mithalten. Wer will schon ein schwankendes Wohnzimmer? Der Brite ist ähnlich wie Max Verstappen aber einer jener Formel-1-Piloten, die auch in SimRacing-Serien mitfahren – und so ihre Popularität in beiden Welten steigern.

Mikka Maximilian Buck, Team Eifel Racing

Ferrari setzt sich an die Spitze der Entwicklung

Die SimRacer sind allerdings schneller und überall einsatzfähig. Denn der neue Simulator, den Ferrari gerade am Firmensitz in Maranello hat einbauen lassen, hat eine zweijährige Entwicklungszeit hinter sich. Bis er tatsächlich einsatzbereit ist, vergehen wohl noch etliche weitere Wochen. Erst muss das virtuelle Auto exakt auf den echten roten Rennwagen abgestimmt sein. Es wäre auch fatal, wenn Charles Leclerc und Carlos Sainz jr. sich nach getanem Simulator-Job bestens gerüstet für das nächste Rennen fühlten, ihr Dienstwagen dann aber komplett neben der Spur wäre. Simulatoren in der Königsklasse sollen die Sicherheit geben, dass in der Vorbereitung für einen Grand Prix alles richtig gemacht wurde. Was es so lebensecht macht: Simulatoren sind Hightech-Monster, die sich von Unmengen an Daten ernähren.

Der Weltmeister, dem schlecht geworden ist

Das ist der eigentliche Unterschied zwischen SimRacing und Formel-1-Simulator: Die Rennställe nutzen die Hightech-Anlagen nicht als Spielzeug, sondern probieren dort unter echten Verhältnissen neue Fahrzeugabstimmungen, Flügelkonfigurationen, den Einfluss weiterentwickelter Teile am Auto. Das spart eine Menge Material, Geld und Pleiten, ist aber ein Fulltime-Job. Klar, dass ein Lewis Hamilton dafür zu wenig Zeit (und wohl auch zu wenig Lust) hat. Deshalb beschäftigt jeder Rennstall erfahrene Simulator-Piloten. Entweder versierte Männer wie beispielsweise den Polen Robert Kubica oder Nachwuchskräfte wie Mick Schumacher, der mit jedem simulierten Kilometer auch noch selbst dazulernt. Für seinen Vater Michael übrigens, den siebenfachen Weltmeister, war die Simulatorarbeit schlimmer als Achterbahnfahren – ihm ist dabei regelmäßig schlecht dabei geworden.

Am Ende kommt es auf den Menschen an

Das Championteam von Mercedes nutzt seinen „Driver-in-Loop“-Simulator auch als virtuelle Teststrecke, um alle möglichen Rennstrategien durchzuspielen. Die Ingenieure können Tausende von Computersimulationen beschleunigen und sie parallel nebeneinander ablaufen lassen – auf diese Weise können in kurzer Zeit enorme Mengen an Informationen gesammelt werden. Mit dem Resultat, dass das virtuelle Werkzeug immer dichter an die Wirklichkeit herankommt. Die Entscheidungen aber trifft am Ende immer noch der Mensch. Den Ingenieuren obliegt die Verantwortung, die 3D-Ergebnisse zu interpretieren, mit der Realität zu kombinieren und dann die entsprechenden Schlüsse daraus zu ziehen. Alles eine Frage des richtigen Reaktionsvermögens.

Virtuelle Rennen in 360 Grad

Durch die Beschränkung auf immer weniger Testtage ist diese Art der Probefahrten zu einem entscheidenden und unverzichtbaren Hilfsmittel im modernen Motorsport geworden. Bis so eine Anlage steht, werden schnell zweistellige Millionenbeträge fällig. Der genaue Preis des Ferrari-Simulators ist unbekannt, wie überhaupt alles, was den Simulatorbereich betrifft, streng geheim ist. Dass der GTÜ-Blog zeigen kann, wie es dort aussieht, ist dem jungen britischen Spezialunternehmen Dynisma zu verdanken. Auf dem Bild bekommt der Laie zumindest eine Idee von der Anmutung der simulierten 360-Grad-Umgebung, in der die Top-Rennfahrer ihre Trockenübungen unternehmen. Die auf einem völlig neuen Konzept basierende Anlage besitzt die höchste Bandbreite aller auf dem Markt erhältlichen Bewegungssimulatoren.

Sicherheit und Autoindustrie profitieren auch

Auf die Ausbildung von Rennfahrern und die Ausprägung von Rennwagen allein bleibt diese Technik nicht beschränkt. Mehr und mehr Automobilhersteller und -zulieferer nutzen in der Entwicklung ebenfalls Fahrsimulatoren. Revolutionäre Teile und Konzepte müssen sich zuerst ausgiebig in einer virtuellen Umgebung bewähren. Auch der Fahrkomfort und das Handling von Automobilen oder Reifen wird nicht mehr nur auf echten Straßen getestet. Komplexe und extreme Fahrdynamikerprobungen und umfangreiche Systemtests für das autonome Fahren lassen sich im Simulator in völliger Sicherheit durchführen. So lassen sich jedes Jahr Milliarden sparen – an Investitionen wie an Emissionen. Das Prinzip gleicht dem in der Formel 1: Es erhöht die Leistung, spart Zeit und Geld.

TV-Premiere am Fasanenhof

Warum das Streaming immer nur Netflix & Co überlassen? GTÜ Classic geht mit den wichtigsten Fragen zur Oldtimerszene live.

Alles auf dem Schirm: Die GTÜ-Pressekonferenz wird digital

Im Newsroom der GTÜ, dem großen Bruder des Blogs, gibt es eine Premiere zu feiern: Wer am Mittwoch, den 21. Juli, von elf Uhr an auf diesen Link klickt, kann sich live in die GTÜ-Classic-Pressekonferenz einklicken. Für alle, die es nicht ganz pünktlich schaffen: Kein Problem, der Mitschnitt der Veranstaltung ist später jederzeit im Newsroom abrufbar.

News, die nicht im Homeoffice bleiben dürfen

Traditionell finden die GTÜ-Pressekonferenzen im Rahmen großer Messen statt, doch die leiden immer noch unter der Pandemie. Aber es gibt gute und wichtige Nachrichten, die nicht im Homeoffice bleiben sollten. Im Rahmen der Digitalisierungsoffensive der GTÜ hat es nur ein paar Wochen gedauert, um aus der bislang analogen Frage- und Antwort-Veranstaltung ein Online-Event zu machen, das in Technik und Qualität dem Anspruch der GTÜ genügt. Eines der entscheidenden Details ist – gefürchtet bei allen Usern – die Übertragungsleitung. Darauf kann sich das dreiköpfige Team mit Kerstin Stephan (Unternehmenskommunikation), Oliver Bauss (RTV Film & Television) und Mario Pistorius (Studio tat.sache) garantiert verlassen: Mit der 2-Gigabit-Leitung würden sich die Bilder der Pressekonferenz auch problemlos in ein IMAX-Kino übertragen lassen. Verlässlichkeit gehört zum Wertekanon der GTÜ, das gilt natürlich auch für diesen Fall.

Die Zentrale wird zum TV-Studio

In der Unternehmenszentrale am Stuttgarter Fasanenhof entsteht für das Event ein mobiles Fernsehstudio. Mit entsprechendem TV-Licht, Aufnahmetechnik, Videomischer und drei Kameras, die einfangen, was gefragt – und auf der Bühne gesagt wird. Dort stehen Frank Reichert, Leiter der Unternehmenskommunikation, Marko Oehler, Technischer Leiter der GTÜ und Alexander Schechinger, Referent Classic. Alles, was an Zahlen und Daten wichtig ist, wird im Hintergrund eindrücklich visuell dargestellt. Die Fragen der Journalisten kommen per Mail und werden nach Möglichkeit live beantwortet. Mängel werden in jedem Fall ein Thema sein, denn die GTÜ präsentiert in ihrem Studio dazu die aktuelle Statistik aus dem Oldtimer-Bereich.

Mobiles Leben: Das große Surren

Die viel beschworene neue Mobilität verändert viel. Vor allem aber: uns selbst. Eine Kolumne aus dem Herzen der Stadt.

Zählwerk: Radeln für die Statistik

Es ist ein großes Versprechen der GTÜ, und bisher hat sie es auch stets gehalten: „Wir halten Sie mobil!“ Mobilität, das ist – immer noch und immer wieder – ein sehr dehnbarer Begriff. Jeder versteht inzwischen etwas anderes darunter, nur die Lateiner haben es da leichter: mobilitas bedeutet ganz wörtlich Beweglichkeit. Der Begriff ist immer noch ungemein positiv besetzt, doch längst geht es dabei nicht mehr allein um die reine Fortbewegung.

Mobilität ist ein Grundbedürfnis des Menschen, sie steckt in seinen Genen, bestimmt seinen Willen. Für viele ist sie gleichbedeutend mit Individualität, letzten Endes sogar mit Freiheit. Entstanden ist daraus eine Massenbewegung, und diese ist wiederum der Grund, warum sich so viele Individualisten im Straßenverkehr regelmäßig in die Quere kommen. Bewegung tut weiter not, die Frage, die sich in jeder Innenstadt, an jedem Ausflugsziel stellt, lautet nur: wie und wohin?

Ein ganz neues Mobilitätsgefühl

Es ist Zeit für eine Hauptuntersuchung des neuen Mobilitätsgefühls. Repräsentativ dafür erscheint uns eine erst kürzlich aufgehübschte Ecke einer deutschen Landeshauptstadt. Statt zweier Fahrspuren samt Parkplätzen gibt es nur noch eine Straße, die sich jetzt alle Verkehrsteilnehmer teilen sollen. Drei teilnehmende Arten hatten die Stadtplaner identifiziert: Autofahrer, Fußgänger, Fahrradfahrer. Erstere haben Platz abzugeben, die zweite Gruppe darf sich breiter machen, die dritte rückt in den Mittelpunkt. Wortwörtlich geht es ab durch die Mitte.

Fahrradfahren, lernen wir als unvereidigte urbane Mobilitätssachverständige, das ist ein Pauschalurteil – und damit falsch. Selbst wer sich nur am Rande mit dem großen Surren beschäftigen sollte, kann sein Zweiradwissen aus der Kindheit in die Reihe der fossilen Brennstoffe einordnen: nur noch bedingt zukunftstauglich. Wie einfach das doch war: Damenrad, Herrenrad, Rennrad. Für Kinder alles eine Nummer kleiner, für verwegene Kinder: Bonanzarad mit Hochlenker und Bananensattel. Letzteres besitzt heute noch einen ungeheuren Coolness-Faktor. Schade nur, dass viele Trends lediglich so haltbar sind wie der Rostschutz eines Rohrrahmens.

Direkt an der Zweiradautobahn hat ein Fachgeschäft aufgemacht. Wer bisher dachte, dass Betten-Supermärkte überdimensioniert sind, und dass da vielleicht auch ein gewisser Kult um Lattenroste und Cool-down-Kissen zelebriert wird, war vermutlich noch nie im Fahrrad-Megastore. Antworten Sie lieber nicht mit „ein Fahrrad“, wenn der Verkäufer Sie nach Ihren Wünschen fragt. Der Fachberater fühlt sich sonst in den April geschickt. Eignen Sie sich im Homeoffice besser ein Grundvokabular an: Dirtbike, Citybike, Trekkingbike, E-Bike …

Wer auf den Begriff Bio-Biker stößt, dem sei verraten, dass es sich dabei um ganz gewöhnlich strampelnde Menschen ohne Fahrhilfe handelt. Aber die erscheinen den meisten dann doch etwas zu altmodisch. Natürlich gilt auch im Zweiradverkehr die Grundregel vom Sehen und Gesehenwerden, und das bezieht sich nicht nur auf die Straßenverkehrsordnung.

Früher standen Eltern mit ihren Kindern auf Autobahnbrücken und hielten im unter ihnen fließenden Verkehr nach einer möglichen Familienkutsche Ausschau. Heute entfalten sich fahrende Untersätze in ihrer ganzen Pracht. Alles, was rollt, gibt es praktisch auch elektrifiziert, selbstverständlich sind auch Kinderwagen mit intelligenter Technologie lieferbar.

Die Freiheit, die ich meine

Erleben, nicht bloß erledigen

Das Zukunftsinstitut, das wir im Ansinnen um eine wissenschaftliche Deutung bemüht haben, sieht das Zeitalter der Multimobilität gekommen. Es geht beim neuen Bewegen nicht mehr nur ums Erledigen, sondern vor allem ums Erleben. Gern auch ums Erholen. Multi, wie Multifunktion. Vernetzt und in Teilen autonom soll die Entschleunigung geschehen.

Vor allem soll sie Spaß bringen. Zitat aus einer Studie für den ADAC: „Der flexible Zugriff auf die ganze Vielfalt an Mobilität wird so zu einem Spiel, das den Spaß an Alternativen bezeugt, auf Vielfalt statt Routinen setzt und Pragmatik über Status stellt. Hypermobil sein bedeutet Abwechslung, Vernetzung und Erlebnis.“

Schon wird das E-Bike-Fahren zur smarten Mobilität, der Akku soll Spaßmaschine sein. Ein Technologie-Fan schwärmt davon, dass sich das elektrifizierte Radeln anfühle, „als hätte man bionische Beine.“ Erst das Mindset verändern, dann Körperteile mechanisieren? Tja, belehren Experten (und unsereins entgeht nicht der bemitleidende Blick), moderne Bikes sind längst smarter, als wir lenken – mit Touchscreen, Tastenbedienelementen neben dem Fahrradgriff, Schnittstellen von Hard- und Software. Die Beleuchtung verstellt sich im Rhythmus der vorbeiziehenden Wolken, die Alarmanlage kann scharf gestellt werden, wenn am Bahnhof keine Box mehr frei ist.

Bewegende Szenen in der Stadt

Schon mal vom Silver Mover gehört?

Es sind ganz neue Gesellschaftstypen, die da heranwachsen, fernab der obligatorischen Sonntagsfahrer, Lichthupenjunkies und Schattenparker. Eine mobile Avantgarde verheißen die Experten vom Trendbüro. Pragmatische Idealisten mit hohen Ansprüchen in Hinblick auf Design, digitale Vernetzung und Umweltverträglichkeit. Die supersaubere Nachhaltigkeitsbilanz ihres mobilen Lebensstils bekommen sie durch ein ausgeklügeltes Monitoringsystem monatlich ausgewiesen. Mobile Innovators heißt der Sammelbegriff für die künftig aktivste Gruppe im Verkehr. Knapp dahinter kommen die Forever Youngsters. Die 60- bis unter 75-Jährigen gelten als die jungen Alten, sie schwören auf einen Mix aus konventionellen und alternativen Lösungen. Ihr Tatendrang und ihre Neugierde lassen die Grenzen zwischen öffentlicher und privater Mobilität verschwimmen. Hauptsache auch hier: grün, gesund und günstig. Im mobilen Unruhestand bewegen sich die Silver Movers, die über 75-Jährigen. Sie haben höchste Ansprüche hinsichtlich Bequemlichkeit, Sicherheit und elektronischer Unterstützung. Nachgefragt werden von ihnen vor allem Mobilität im Nahbereich und automatische Assistenzsysteme, die zu mehr Sicherheit und Einfachheit im Straßenverkehr beitragen.

Wer in solche Gedanken versunken vor dem vollgestopften Schaufenster des Fahrradtempels durch einen vorbeirauschenden Wakeboarder aufgeschreckt wird, muss jetzt keine vorschnelle Entscheidung treffen. Die Studie, auf der diese Kolumne beruht, bezieht sich auf 2040. Genug Zeit also, um beispielsweise über eine stärkere Motorisierung des Gravelbikes, Karbonanbauteile fürs Pedelec oder federleichte Sportpedale ausführlich nachzudenken. Gut hat es, wer ein Umsteiger ist – er kennt die Zusatzpreislisten noch vom Autokauf. Drum prüfe, was Du wirklich brauchst. Manches scheint sich auch in der neuen Mobilität dann doch nie zu verändern.

Der Autor taucht einstweilen in die Untiefen seines Kellers ein, irgendwo muss das Bonanzarad in Teilen noch vorhanden sein. Einmal Easy Rider, immer Easy Rider.

Nachschub für Nachhaltigkeit (Fotos: Bernhard Kahrmann)
Nahverkehr in Bahnen gelenkt