Wie alte Schutzkleidung zu einem guten Zweck wird

Mitarbeiter der GTÜ-Anlagensicherheit unterstützen den Stuttgarter „Schlupfwinkel“.

Nicht mehr ganz neu, nicht mehr ganz sauber, aber ein ganzer Schrank voll. Was tun mit der ausrangierten Schutzkleidung? Für Hobby oder Garten waren die Kleider noch gut genug. So kam die letzte Fachtagung der GTÜ-Anlagensicherheit zu einem ungewöhnlichen Tagesordnungspunkt: Verlosung! Die Kollegen zeigten sich beim Kaufen der Lose großzügig, ein paar Hundert Euro kamen zusammen. Herbert Unger, Direktor der Anlagensicherheit, rundete den Betrag auf 1000 € auf. Jetzt musste nur noch ein guter Zweck gefunden werden. Die Spende sollte möglichst Kindern, möglichst im Raum Stuttgart zu Gute kommen. So hat ein Kollege der Anlagensicherheit den „Schlupfwinkel Stuttgart“ entdeckt. Und wurde auf Themen aufmerksam, die sich mitten unter uns abspielen, aber trotzdem am Rande liegen.

Tausend Euro helfen dem Schlupfwinkel

Der Schlupfwinkel nahe der Stuttgarter Innenstadt ist Anlauf- und Beratungsstelle zugleich für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene ohne festes Zuhause. Abgehauen oder rausgeworfen, abgetaucht, ohne sicheren Schlafplatz. Im Jahr 2021 fanden trotz Corona 162 junge Menschen im Alter von zwölf bis 24 Jahren, bei insgesamt 1553 Kontakten, in der Anlaufstelle Hilfe. Viele weitere wurden beim Streetwork an ihren öffentlichen Treffpunkten aufgesucht. Herbert Unger ist überzeugt, dass das Geld an der richtigen Stelle ankommt und ist tief beeindruckt von der Hilfsbereitschaft der Sozialpädagogen im Schlupfwinkel, aber auch von den Nöten der Jugendlichen: „Manchmal braucht es nur einen Arzt, eine Dusche, oder ein Bett, das für eine Nacht vermittelt wird. Ganz normale Dinge, die für uns alle selbstverständlich sind.“

Michael Ungerer, GTÜ-Anlagensicherheit und Verena Seitz, Schlupfwinkel Stuttgart

Manchmal gibt schon das Zuhören neuen Halt

Verena Seitz vom Schlupfwinkel kennt viele unterschiedliche Gründe, warum Kinder und Jugendliche in der Großstadt kein festes Dach mehr über dem Kopf haben. Manche sind in ihren Familien unerwünscht, sogar die Schlösser der elterlichen Wohnung werden im Extremfall ausgetauscht. Manchmal verlassen die jungen Menschen ihre Eltern, um Drogen, Alkoholkonsum, massiven Konflikten oder Misshandlung zu entfliehen, andere sind schon früh nicht mehr in ihrer Herkunftsfamilie aufgewachsen. In der Anlaufstelle und beim Streetwork geht es nicht nur um Essen, Kleidung, einen Telefonanruf oder Hilfe bei den Behörden. Oft reicht es schon, zuzuhören, einen Rat zu geben, oder mit anderen an einem großen Frühstückstisch zu sitzen. Auch Begleitung zu Terminen und Einzelgespräche bietet der Schlupfwinkel an. Unger ist froh, dass die GTÜ-Aktion dazu beitragen kann, Kindern und Jugendlichen Halt zu geben: „Es ist enorm, was da geleistet wird. Ich bin mir sehr sicher, dass wir zusammen etwas Gutes getan haben.“

Stuttgarter Schlupfwinkel

Träger des Stuttgarter Schlupfwinkel in der Schlosserstraße 27 sind die Caritas und die Evangelische Gesellschaft. In der offenen Anlauf- und Beratungsstelle können die Besucher tagsüber duschen, waschen, kochen, sich treffen. Wer möchte, kann anonym bleiben. Geholfen wird auch bei Gesprächen mit Eltern, Behörden, der Schule oder Ärzten. Niemand wird unter Druck gesetzt, jeder kann freiwillig entscheiden, auf welche Unterstützung er sich einlassen möchte. Wer dem GTÜ-Beispiel folgen möchte, kann hier spenden: BW Bank Stuttgart, IBAN DE87 6005 0101 0002 1676 04, BIC SOLADEST600

www.schlupfwinkel-stuttgart.de