Die Türen werden einfach versenkt

GTÜ Classic erinnert an den Roadster BMW Z1.

Auch farblich passend (Foto: Belogorodov – stock.adobe.com)

Wie muss ein Auto aussehen, das die Emotionen auf Touren bringt wie kein anderes Fahrzeug zuvor? Muss es Türen haben und ein Dach? Zur Klärung dieser verkaufsfördernden Frage gründete BMW 1985 eine eigene Tochterfirma: die BMW Technik GmbH. Unter der Leitung von Geschäftsführer Ulrich Bez und Chefdesigner Harm Lagaay sollte abseits der Serienproduktion ein Fahrzeug entstehen, das die Rolle als Technologie- und Imageträger gleichermaßen ausfüllt. Flott und von Hand gefertigt. Heraus kam ein Roadster, der es in sich hatte. 1987 zog der BMW Z1 auf der Frankfurter IAA erstmals alle Blicke auf sich: keilförmige Front und ein eckiges, für damalige Verhältnisse bulliges Hinterteil. Für die eigentliche Sensation des offenen Zweisitzers sorgten seine versenkbaren Türen. Auf Knopfdruck verschwanden sie in den mächtigen Seitenschwellern.

Eine ziemlich windige Angelegenheit

Wer bei Ausfahrten in die Sommerfrische diese offenste aller offenen Optionen zog, erlebte eine windige Angelegenheit. Nicht wenigen war diese Frischlufterfahrung ein bisschen zu viel. Was den Fahrspaß betraf, herrschte allerdings Einigkeit. Dieser BMW zog durch die Kurven wie auf Schienen. Eine Eigenschaft, mit der Roadster in aller Regel nicht glänzen. Beim BMW war dies das Ergebnis des außergewöhnlichen Konzepts. Zum Beispiel die Karosserie. Das Stahl-Monocoque wurde am Stück feuerverzinkt, was Lebensdauer und Torsionssteifigkeit deutlich erhöhte. Nichttragende Karosserieteile aus thermoplastischem Kunststoff – also Seitenwände, Kotflügel, Schweller-Verkleidungen, Stoßfänger und Türen – waren mit dem Chassis verschraubt. Bei Front-, Heck- und Verdeck-Klappe entschied sich BMW für Glasfaserverstärkten Kunststoff (GfK). Den aerodynamischen Fahrzeugboden, eine im Rahmen eingeklebte Sandwichstruktur, steuerte Messerschmitt-Bölkow-Blohm bei.

Es geht noch ein bisschen flotter

Beim Fahrwerk setzten die BMW-Visionäre auf die Spurtreue der Federbein-Vorderachse aus dem Dreier-BMW, die Doppelquerlenker-Hinterachse konzipierten sie neu und setzten sie später auch in der Großserienproduktion ein. Der Motor saß zudem hinter der Vorderachse, der Antrieb an der Hinterachse, was für eine optimale Gewichtsverteilung sorgte. Apropos Aggregat: Dem Z1 hauchte der 2,5-Liter Sechszylinder aus dem BMW 325 i Leben ein. Mit 170 PS war der Roadster somit ausreichend motorisiert, dennoch kam immer mal wieder der Wunsch nach etwas mehr Power auf, zumal 1.300 Kilogramm Leergewicht für einen Roadster ganz schön dick auftragen. Von Null auf 100 km/h beschleunigte der Z1 in 7,9 Sekunden, seine Höchstgeschwindigkeit erreichte er bei 225 km/h.

Handarbeit muss bezahlt werden

Der fast perfekte Roadster? Viel fehlte nicht. Das Frischluft-Vergnügen hatte auch seinen Preis. Zwischen 1989 und 1991 kletterte der Preis von gut 80.000 Deutsche Mark auf 89.000 Deutsche Mark. Insgesamt wurden in dieser Zeit exakt 8.000 Fahrzeuge von Hand gefertigt. Wer heute in den Genuss der zeitlosen Schönheit kommen will, sollte ein paar Dinge beachten. Ganz frei von Verschleißerscheinungen ist auch der Z1 nicht. Je nach Laufleistung und Pflege können am Motor Nockenwellen und Zylinderkopfdichtungen an Alterserscheinungen leiden. Für ein gut erhaltenes Exemplar muss der Liebhaber schon mit rund 40.000 Euro rechnen. Wer vielleicht selbst Hand anlegen will, kann sich zumindest auf eine leichte und gute Versorgung mit Ersatzteilen verlassen. Nur: Billig sind die Teile nicht.   

Wie Kai aus der Kiste

GTÜ Classic erinnert an den Talbot Sunbeam Lotus

Ein echter europäischer Klassiker (Fotos. Schloz)

Die Experten der zentralen Klassikabteilung der GTÜ in Stuttgart und vor Ort besitzen die notwendige Expertise für Klassiker aller Art. Sie greifen auf fundiertes Wissen und eine umfangreiche, qualifizierte Datenbank zurück. In loser Folge veröffentlicht das Magazin KRAFTHAND exklusive Einblicke ins Archiv der Sachverständigenorganisation. Diesmal geht es um den Talbot Sunbeam Lotus.

Eine europäische Geschichte

Brescia – Helsinki – Stuttgart. Das klingt wie die Kladde einer irren Rallye mit entsprechender Materialschlacht. Es handelt sich aber um die auf mehr als 40 Jahre verteilten (Über-)Lebensstationen eines Talbot Sunbeam Lotus. Der Name ist so sperrig wie das Fahrzeug. Eine eckige Kiste, deren Karosserie nichts von der Eleganz verströmt, die man sonst von Sportwagen im Classic-Alter kennt. Und dieser Talbot Sunbeam Lotus sieht schon gar nicht so aus, als hätte einer seiner gut präpartierten Brüder mal die Rallye-Weltmeisterschaft gewonnen. Hat er aber, nämlich 1980.

Unterwegs mit Liebhabern

Dieser hier hat eher ein ruhiges, von Liebhabern gepflegtes Dasein hinter sich, wie schon der Kilometerstand von rund 30.000 vermuten lässt. Seinen ersten Besitzer fand er 1980 in Brescia, 2003 wechselte er nach Helsinki über. Wie und warum, ist nicht bekannt, weil die offiziellen Papiere des italienischen „Ministero dei Trasporti“ keine Geschichten erzählen. In seiner Odyssee nach Deutschland 2016 steckt schon mehr Leben.

Digital entdeckt, analog gefahren

Der Interessent aus dem Schwabenland fand das Fahrzeug im Internet. Auf ein paar Telefonate mit Helsinki folgte ein persönliches Treffen auf der Techno Classica in Essen. Der Finne entpuppte sich als Händler klassischer Ferrari, der – ein Gefallen für seinen Nachbarn – den Sonderling in sein Portfolio aufgenommen hatte. Nach dem Flug nach Helsinki (vorsichtshalber mit Retourticket) wurde man sich schnell einig. Zurück ging es also nicht im Flieger, sondern im alten, neuen Auto. Erst 25 Stunden mit der Fähre von Helsinki nach Travemünde, und von dort die restlichen 750 Kilometer auf Asphalt nach Stuttgart.

Aufschwung oder Untergang?

Ein großer Aufwand für ein Fahrzeug, bei dem nur schwer zu unterscheiden ist, ob es für britische Automobilkunst steht oder eher für deren Untergang. Der Talbot Sunbeam Lotus hat viele Väter, ist aber auf jeden Fall ein Schotte, in weiten Teilen produziert in Linwood. Die Regierung motivierte Mitte der 70er Jahre die maroden britischen Chrysler-Fabriken mit 55 Millionen Pfund (rund 220 Millionen Mark), möglichst schnell einen erfolgversprechenden Kleinwagen zu entwickeln. 1977 wurde der Chrysler Sunbeam vorgestellt, ein Kompaktwagen, der an den Golf 1 erinnerte und in mehreren Motorvarianten angeboten wurde. Das stärkste Aggregat brachte es mit 1,6 Liter Hubraum auf 100 PS.

Ein Name wird wiederbelebt

Dass daraus wie Kai aus der Kiste ein Geschoss wurde, lag an Chrysler Sportchef Desmond O’Dell. Der Ire wollte zur Imageverbesserung zurück in den Rallye-Sport. Chrysler wurde 1978 an PSA verkauft. Simca, ebenfalls PSA, hatte die Modellbezeichnung Talbot fast 20 Jahre nicht mehr benutzt, weshalb aus dem Chrysler Sunbeam der Talbot Sunbeam wurde. O’Dell verfolgte seine Idee weiter, machte sich auf die Suche nach passenden Motoren und fand sie bei Lotus.

Rallye und Radau

Das 2,2 Liter-Aggregat aus dem Elan wurde nur von 162 PS auf 150 PS gedrosselt. Sonst hätte das Leichtgewicht (930 kg) bessere Leistungswerte erzielt als der Elan. Und das wollte Lotus nicht. Der Talbot Sunbeam Lotus machte mit seinem ZF-Fünfganggetriebe mächtig Radau, sorgte auf den Straßen für Aufsehen und bildete die Basis für eine erfolgreiche Karriere der 240 PS starken Rallye-Version. Zwei Jahre lang unterhielt O’Dell ein eigenes Werksteam, aber selbst der Gewinn der Rallye-WM 1980 konnte nichts retten. 1981 wurde die Produktion der heißen Kiste nach 2.308 Exemplaren eingestellt und gleichzeitig das Werk in Linwood geschlossen. Aus und vorbei.

Anstrengend, aber wertvoll

Was bleibt, ist dieses Auto, unter Spezialisten heiß begehrt und heute in Euro knapp doppelt so viel wert als zum Produktionsende 1981. Damals war er für 22.500 Deutsche Mark zu haben. Wer Komfort liebt, sollte die Finger vom Talbot Sunbeam Lotus lassen. Rangieren ohne Servolenkung erfordert Schwerstarbeit. Der erste, rallyemäßig sehr kurz übersetzte Gang sitzt ungewohnt hinten links außerhalb des H-Schemas. Zudem erfordert der Frontmotor mit Heckantrieb fahrerisches Können.

Spartanisch wie im Rallye-Auto

Die Sache mit den Zeigern

Überraschend ziert das Interieur eine Jaeger-Uhr, damals ein Produkt der Automobilsparte der Luxus-Uhren-Manufaktur Jaeger-LeCoultre. Das wirkt hier innen ungefähr so, als würde man im Smoking ins Fußballstadion gehen. Dem Fahrspaß schadet es nicht. Denn kommt der Talbot Sunbeam Lotus auf Touren – und das kommt er heute noch schnell – dann geht’s ab…

Sieht nicht so aus, aber stammt vom Nobel-Uhrmacher

Die schützende Hand der Göttin

GTÜ Classic erinnert an den Citroen DS.

Citroen DS 21 Cabriolet, Baujahr 1968 (Fotos: Citroen Deutschland GmbH)

Die Experten der zentralen Klassikabteilung der GTÜ in Stuttgart und vor Ort besitzen die notwendige Expertise für Klassiker aller Art. Sie greifen auf fundiertes Wissen und eine umfangreiche, qualifizierte Datenbank zurück. In loser Folge veröffentlicht das Magazin KRAFTHAND exklusive Einblicke ins Archiv der Sachverständigenorganisation. Diesmal geht es um den Citroen DS, einem Auto, das seiner Zeit weit voraus war.

Es beginnt mit einem Attentat

Es ist früh am Abend an diesem 22. August 1962. Frankreichs Präsident General Charles de Gaulle zieht es in die Sommerfrische. Der kleine Konvoi aus zwei Citroen DS und zwei Polizei-Motorrädern macht sich auf den Weg Richtung Süden. Auf dem Militärflugplatz Villacoublay wartet ein Hubschrauber, der den Präsidenten in sein Landhaus bringen soll. Neben ihm sitzen Ehefrau Yvonne, sein Schwiegersohn und der Fahrer im Wagen. Auf der Rue nationale 306 bei Petit-Clamart liegen zwölf ehemalige Soldaten mit automatischen Waffen auf der Lauer.

Die Legende lebt

Anführer Oberstleutnant Jean Bastien-Thiry gibt um 20.08 Uhr den Befehl zu feuern. Es fallen 187 Schüsse. De Gaulles ungepanzerte DS fängt sich 14 Kugeln ein. Die Vorderreifen sind zerschossen. Doch dank der Hydropneumatik des Citroen behält der Chauffeur die Kontrolle über den Wagen und entkommt. Am Flugplatz angekommen, sagt De Gaulle: „Diesmal war es knapp.“  Es ist ein Attentat, das Frankreich schockiert. Und ein Attentat, das der Legende um ein Fahrzeug neue Nahrung gibt. Der Citroen DS, Inbegriff französischer Ingenieurskunst und der Stolz einer ganzen Nation, kann also auch das: Leben retten.

Ein Wunderwerk des Designs

Für Aufsehen hatte die DS ja immer gesorgt. Vom ersten Tag an. Schon bei der Premiere auf dem Pariser Automobilsalon am 1. Oktober 1955 bildeten sich im Grand Palais Menschentrauben. Citroen präsentierte sein neues Modell. Aber da stand kein Auto, sondern ein faszinierend windschnittiges Etwas, eher ein Raumschiff auf vier Rädern, die auch noch mit einem Innensechskant-Zentralverschluss mit den Achsen verbunden waren. Dazu eine Schaltung an der Lenksäule und ein Lenkrad, das mit nur einer bananenförmigen Speiche ausgestattet war. Ein Wunderwerk modernen Designs, dass die Zukunft des Automobils einläuten sollte.

Citroen DS vor dem Eiffelturm in Paris.

Die Allianz aus Luft und Wasser

Der Legende nach sollen bereits am ersten Messetag 80.000 Kaufaufträge eingegangen sein. Denn zur Optik gesellte sich die völlig neue Technik. In der DS herrschte dicke Luft. Die sogenannte Hydropneumatik – laut Werbung eine „Allianz zwischen Luft und Wasser“ – bestimmte das ganze Innenleben: Federung, Bremsen, Fahrwerk und Schaltung erreichten eine neue Komfortzone. Je nach Beladung oder Straßenbeschaffenheit konnte die Bodenfreiheit manuell von neun auf bis zu 28 Zentimeter angehoben werden.

Ehre, wem Ehre gebührt

Die geniale Konstruktion verantworteten Ingenieur André Lefèvre und Flaminio Bertoni, ein begabter Zeichner, Bildhauer und Designer aus Italien. Die Väter der DS schafften eine bis dahin noch nicht gekannte Harmonie zwischen Form und Technik. Und weil DS im französischen genauso ausgesprochen wird wie „la déesse“, die Göttin, hatte das Fahrzeug schnell seinen Spitznamen, der eher eine Ehrenbekundung war.

Licht in der Kurve

Der internationale Siegeszug der Göttin war nicht aufzuhalten, auch weil die Franzosen den technischen Vorsprung, den sie auf einen Schlag herausgearbeitet hatten, nicht so schnell aufgeben wollten. Im Lauf der Jahre wurde das Fahrzeug immer wieder leicht modifiziert – zum Beispiel schon damals mit einem beweglichen Kurvenlicht –, aber der ursprüngliche Charme blieb erhalten. Es gab verschiedene Motorvarianten von 1,9 Liter (43 kW) bis zu 2,3 Liter (93 kW). Es gab Luxus-Ausführungen (Pallas), die DS für die breite Masse, es gab Cabrios, Kombis und nützliche Umbauten (Krankenwagen).

Eine charmante Begleiterin

Die DS erfüllte alle Anforderungen an eine repräsentative Staatskarosse und verströmte den Charme eines großen Filmstars an der Seite von Louis de Funes, Jean Marais, Jean-Paul Belmondo, Uma Thurman, Leonardo di Caprio oder „Mentalist“ Simon Baker. Und Sie konnte die Muskeln spielen lassen, wie unter anderem Siege bei der Rallye Monte Carlo oder Lüttich-Sofia-Lüttich beweisen. Aber vor allem war sie weltweit begehrt und beliebt. Und die Göttin, die ihre schützende Hand über de Gaulle gehalten hatte. Nach 1.455.746 Fahrzeugen wurde die Produktion am 24. April 1975 eingestellt. Bis heute ist Citroen auf der Suche nach dem alten Glanz. DS ist inzwischen eine eigene Marke für die Citroen Luxus-Modelle.