Not macht erfinderisch: 75 Jahre Unimog

Classic News im Blog: das Universelle-Motor-Gerät.

Ein Statement, auch in oliv: der UNIMOG (Bild: KirKam – stock.adobe.com)

Wäre es nach dem Zweiten Weltkrieg nach den Plänen des damaligen US-Finanzministers Morgenthau gegangen, dann wäre Deutschland ab 1945 in ein Agrarland umgewandelt worden. Insbesondere die deutschen Ingenieure und Industriearbeiter bangten um ihre Zukunft und in der Not fingen die bereits von der Front und aus der Gefangenschaft heimgekehrten Fachleute an, sich Gedanken über das Leben in einem möglicherweise landwirtschaftlich geprägten Deutschland zu machen. Darunter auch der ehemalige Leiter der Flugmotorenentwicklung bei Daimler-Benz, Ingenieur Dr. Albert Friedrich, der nach Kriegsende in Schwäbisch Gmünd bei der Firma Erhard & Söhne mit einer Agraridee vorstellig wurde, die Autogeschichte schreiben sollte.

So entsteht der berühmte Name

Der 1844 gegründeten Gold- und Silberwarenfabrik, die sich später als Spezialist für Metallverarbeitung und Galvanotechnik etablierte, kamen die Ideen des ehemaligen Flugmotorenentwicklers gerade recht. Im Dezember 1945 begannen deshalb die Vorarbeiten zum Projekt „Universelles-Motor-Gerät“, der Prototyp stand ein halbes Jahr später für eine Probefahrt bereit. Der „UNIMOG“ war geboren.

Not macht erfinderisch

Bereits 1946 erhielt Erhard & Söhne von den zuständigen amerikanischen Militärbehörden die Genehmigung zum Bau dieses Agrarfahrzeugs. Die Betriebserlaubnis erfolgte zunächst als „Ackerschlepper“. Die ersten Exemplare besaßen einen 1.7 Liter Vierzylinder-Ottomotor (Typ M136). Spätere Fahrzeuge wurden von 1948 an mit einem Daimler-Benz Dieselmotor vom Typ 170 D ausgestattet, der 25 PS leistete. Not macht erfinderisch, das passende Material für den Bau der ersten UNIMOGs wurde aus Restbeständen zusammengesucht. Unterscheidungsmerkmal zu den normalen landwirtschaftlich genutzten Traktoren waren die vier gleichgroßen Räder, die allradgetrieben auf jedem Untergrund zügig vorankamen.

Fast eine Cabriolet-Werbung (Bild: Erhard & Söhne)

Ausprobiert – und funktioniert

Das Fahrzeug hatte zudem eine Fahrerkabine mit Faltdach und eine kurze Ladefläche, dazu Anschlüsse an die Zapfwelle. Über die hydraulischen Kraftheber bot sich die Möglichkeit, landwirtschaftliche Geräte wie Mähbalken einzusetzen. Die ersten Probefahrten verliefen durchweg zufriedenstellend. Da aber weder die Kapazitäten noch ausreichende Räumlichkeiten in Schwäbisch Gmünd vorhanden waren, übernahm Ende 1947 die Firma Gebrüder Böhringer in Göppingen die Fertigung. Die erste Baureihe, intern Typ 70200 genannt, ging dann 1948/49 in Serienfertigung. Bis 1951 entstanden in Göppingen rund 600 Fahrzeuge dieses Erfolgsmodells, bevor die gesamte Produktion, Entwicklung und der Vertrieb des UNIMOG zu Daimler-Benz ins badische Gaggenau verlegt wurde. Ab Juni 1951 lief dann das erste Modell der Baureihe 2010 vom Band. Das Markenzeichen, der Ochsenkopf mit Nasenring der Firma Erhard und Söhne, wurde durch den Stern von Mercedes-Benz ersetzt.

Spartanisch aber praktisch (Bild: Erhard & Söhne)

Vom Acker bis zur Feuerwehr

Der UNIMOG gilt eine der bedeutendsten Entwicklungen der deutschen Nachkriegszeit. Bis heute wird er mittlerweile in 160 Ländern eingesetzt und hat sich im Verlauf der Jahrzehnte durch andauernde Weiterentwicklungen vom landwirtschaftlichen Einsatzfeld auch in zahlreiche andere Einsatzbereiche verlagert. Neben Kommunaldiensten, Feuerwehr, Verteidigung und Bergbau ist der UNIMOG auch in der Wald- und Forstwirtschaft anzutreffen. Die Gesamtstückzahlen der UNIMOG-Produktion lagen bis 2020 bei rund 400.000 Exemplaren; wobei festzustellen ist, dass viele der historischen Fahrzeuge noch heute im Einsatz sind.

Der Sprung in die Moderne

So funktionierte der Ur-Unimog

Die in Schwäbisch Gmünd 1948 von Erhard & Söhne gebaute Ur-Version des Unimog besaß einen 4-Zylinder-Dieselmotor mit 1.7 Liter Hubraum und 25 PS Leistung. Dazu eine Bosch-Einspritzanlage, Drehzahlregler und Wasserkühlung mit Zwangsumlauf und elektrischem Starter. Das Getriebe besaß sechs Vorwärts- und zwei Rückwärtsgänge, Allradantrieb, abschaltbarer Vorderradantrieb, Differentialsperre vorne und hinten. Technische Merkmale waren die elektrische 12-Volt-Anlage, zwei Scheinwerfer, Horn, Scheibenwischer und Fahrtrichtungsanzeiger sowie das Rücklicht. Das Fahrgestell war ein Rechteckrahmen aus U-Profilen mit starrer Vorderachse, Achsantrieb und Laufradvorgelege, Schraubenfedern und Rheinmetall-Doppelgelenken. Eine starre Hinterachse mit Achsantrieb, die identisch mit der Technik der Vorderachse war, vervollständigten den Vierradantrieb.

Wenn Sie verschiedene Modelle dieses historischen Fahrzeugs live erleben möchten, bietet sich das Unimog-Museum im badischen Gaggenau an.

Ursprung in der Landwirtschaft (Bild: Erhard & Söhne)

Der Boxster auf dem Weg zum Klassiker

Classic News im Blog: Porsches schneller Zweisitzer

Eine runde Sache, nicht nur von der Karosserie her: der Ur-Boxster (alle Fotos MCOM)

Heute kaum zu glauben, aber vor drei Jahrzehnten bittere Realität: Porsche kämpft ums Überleben als eigenständiger Sportwagenhersteller. Dann wird ein Boxster Roadster mit Mittelmotor-Anordnung als Prototyp auf der Detroit Motor Show 1993 vorgestellt. Es dauert zwar noch drei Jahre, bis der schnittige und an den Porsche 550 erinnernde Typ 986 in Serie geht, aber er trägt entscheidend zur Wende in Zuffenhausen bei. Inzwischen gibt es ihn in der vierten Generation, aber anders als zum Start nicht mit Sechs-Zylinder-Boxer-Mittelmotoren, sondern nur noch mit vier Zylindern.

Ein Roadster aus Finnland

Die erste Serie überzeugt nicht mit ihrem ansprechenden Design, sondern vor allem durch Fahrdynamik und das angenehme Handling. Hergestellt wird die Baureihe 986 zwischen 1996 bis 2004 vor allem im finnischen Uusikaupunki bei Valmet Automotive. Zunächst als 2.5 Liter Boxer mit 150 kW (204 PS) Leistung, folgte zur Jahrtausendwende eine 2.7 Liter und ab Mitte 2003 mit dem Boxster S eine 3.2 Liter Version, die 191 kW (260 PS) auf die Straße brachte. Der wassergekühlte Motor war unter dem Verdeckkasten versteckt und nur über eine schmale Heckklappe für Wasser- und Ölservice erreichbar.

Für viele der erste Einstieg in die Porsche-Welt
 

Der Motor ist verschwunden

Das Ergebnis waren zwei Stauräume: einer im Heck und ein weiterer in der Front, ideal für Wochenendtrips. Doch nicht nur das Gepäck hatte dank Mittelmotortechnik mehr Platz, auch der Innenraum des Porsche Boxsters war für einen Roadster großzügig bemessen. Ausgerüstet mit einem elektrisch versenkbaren Stoffdach, dass unter einer starren Haube, anstatt einer Stoffpersening verschwand. Dazu kamen eine edle Lederausstattung und übersichtlichen Instrumente. Seine Pluspunkte lagen in der Verarbeitung, einem ausgeklügelten Verdeck-Mechanismus, leistungsstarken Motoren, guten Fahrleistungen und Kurvenlagen, kräftigen Bremsen und einem für damalige Verhältnisse sehr geringen Schadstoffausstoß.

Günstig für einen Porsche

Der Preis lag bei moderaten 76.500 DM, auch das trug zum Boom bei. Günstiger kam man bis dahin nicht an einen Neuwagen der Marke Porsche. Allein in Finnland wurden von der ersten Serie 109.000 Boxster hergestellt (U in der Fahrgestellnummer) und weitere 55.000 kamen aus Stuttgarter Produktion (S in der Fahrgestellnummer). Im Jahr 2003, kurz vor Ende der Bauzeit der ersten Generation erfolgte noch eine Leistungssteigerung beim Boxster auf 195 kW (266 PS) und beim Boxster S auf 195 kW (266 PS). Sie basierten auf der neuen Motronic 4-Ventil-Technik und der VarioCam-Einlassnockenwellenverstellung sowie einem automatischen Ventilspielausgleich.

Viele schnelle Details

Der kleine, agile Porsche Boxster konnte aber auch mit weiteren technischen Highlights punkten, beispielsweise einer Fünf-Gang Tiptronic mit Hinterradantrieb, innenbelüfteten Scheibenbremsen und ABS, MacPherson Federbeinen und einer selbsttragenden Stahlkarosserie mit ausfahrbarem Heckspoiler. Auch der Cabrioverdeck-Mechanismus ist exzellent. Hinzu kommen eine sehr gute Sicherheitsausstattung mit serienmäßigen Airbags und Gurtstraffern, Überrollbügeln in der Farbe der Innenausstattung und eine verwindungssteife Karosserie. Neu bei Porsche waren auch die elastischen Bug- und Heckteile mit integrierten Leichtmetallstoßfängern an Prallrohren.

Stabil im Wert

Besonders hervorgehoben wurde von den Besitzern des Roadsters die hohe Fahrstabilität und das sehr handliche, leicht untersteuerte Kurvenverhalten. Gegen Aufpreis war zudem noch eine Antriebsschlupfregelung erhältlich, die ein Ausbrechen verhinderte. Positiv bewertet wurde auch die exakte Lenkung bei hohem Tempo und die kurzen Bremswege. Die Federung war sportlich hart, bei Kurvenfahrten gab es keine Seitenneigung, der Seitenhalt in den Sitzen war gut. Entsprechend wertstabil ist das Modell geblieben. Heute erzielen Porsche Boxster mit 2,7-Liter-Motor in gutem Zustand auf dem freien Markt rund 25.000 bis 28.000 Euro. Wer sich einen guten gebrauchten Ur-Boxster (204 PS) im Zustand 2 zulegen möchte, muss mit 19.000 bis 21.000 Euro rechnen.

Als Lancia ganz exklusiv wurde

Carlo Pesenti, ein Bauunternehmer und Zementfabrikant.

Wer sagt denn, dass Rot nur einem Ferrari steht? (Bild: Wolfgang – stock.adobe.com)

Classic News im Blog: Lancia Flaminia SS 3C Zagato Coupé

Carlo Pesenti, ein Bauunternehmer und Zementfabrikant, der im Nachkriegsitalien gut am Wiederaufbau verdient hatte, übernahm 1955 das angeschlagene Familienunternehmen der Lancias. Lancia, was für ein Markenname! 1906 von Vincenzo Lancia gegründet, übernahm nach dem Tod von Vincenzo der Sohn Gianni Lancia 1937 die Geschäfte, die nach Kriegsende immer stärker in die Verlustzone wirtschaftet. Eine der ersten Maßnahmen des neuen Eigners war die Einsetzung des neuen technischen Direktors Antonio Fessia und ein Entwicklungsauftrag an Lancias Hausdesigner Pininfarina für große Limousinen.

Gleich drei Top-Designer sind am Werk

Florida hieß der neue Entwurf, der 1956 als Prototyp auf dem Turiner Autosalon vorgestellt wurde und auf dem Fahrgestell der Lancia Aurelia basierte. Ein Jahr später präsentierte Lancia dann auf dem Genfer Autosalon eine weitere serienreife Limousine, die als Flaminia in unterschiedlichen Karosserievarianten bis 1970 im Programm blieb. Neben der Limousine, die als Berlina mit vollsynchronisiertem Getriebe, Transaxle, De Dion Hinterachse und Scheibenbremse auf allen vier Rädern sowie einem V6 Motor mit 2.5 Liter Hubraum gebaut wurde, kam in zweiter Serie ab 1963 die Flaminia 2.8 Liter Limousine auf den Markt. Parallel hatte Lancia gleich drei Sonderkarosserien bei ihren Designern Pininfarina, Touring und Zagato in Auftrag gegeben.

Sportliche Kunden im Visier

Pininfarina entwickelte auf dem Flaminia Konzept ein formschönes, viersitziges Coupé, das 1958 in Turin vorgestellt wurde und in vielen Punkten als moderner und richtungsweisender Konkurrent zu Alfa Romeo und Ferrari galt. Ebenfalls auf sportliche Kunden zielte der Superleggera-Entwurf der Flaminia GT von Touring. Die ab 1959 angebotene Flaminia GT und Flaminia GTL waren schnittige Karosserien mit aluminiumverkleideten Stahlrohrgerippe, die rund 200 Kilogramm weniger Gewicht hatten. Hinzu kam die verbesserte Straßenlage und Fahrleistung, die sich aus dem verkürzten Radstand und der reduzierten Frontfläche ergaben. Die Touring GT profitierten auch von den ständig weiterentwickelten Motoren, die mit drei Doppelvergasern von 140 auf 150 PS gesteigert werden konnten.

Zagato gelingt ein Meisterstück

Auf dem Turiner Autosalon 1958 feierte auch der erste Lancia Flaminia Sport der Carrozzeria Zagato seine Premiere. Entgegen den Touring-Versionen, die mit ihren langgestreckten Karosserien dem Gran Turismo – Ideal entsprachen, waren die Zagato-Sportmodelle wesentlich gedrungener, noch leichter und strömungsgünstiger. Vor allem die Beschleunigungswerte und die Höchstgeschwindigkeit überzeugten.

Zagato und Gran Turismo – was für ein Klang

Das Double-Bubble-Dach

Nach 199 Exemplaren, gebaut von 1959-1961, bekam die Flaminia Sport Zagato ein Update, das 1961 als Lancia Flaminia Sport Zagato 3C 2.5 Liter vorgestellt wurde. Signifikantes Designmerkmal war unter anderem die typische Double-Bubble-Dachkonstruktion, die mit zwei Auswölbungen im Dach für noch mehr Kopffreiheit und vor allem Karosseriesteifigkeit sorgte. Die Leistung des neuen Flaminia Sport 3C 2.5 Liter stieg auf 150 PS. Das Modell wurde bis 1963 in 152 Exemplaren gebaut. Ab Anfang 1963 kam dann die Flaminia Sport 3C 2.8 Liter, die mit 152 PS deutlich über 200 km/h schaffte, von der aber nur 33 Exemplare bis 1964 das Werk verließen.

Die Sache mit dem 3C

Nach knapp 380 Exemplaren des Sport Zagato kam dann das Maß aller Dinge – die Lancia Flaminia SuperSport 3C 2.8 Zagato. Diese Version erhielt neben der Double-Bubble-Dachkonstruktion ein strömungsgünstigeres Kammheck und lag etwas tiefer auf der Straße. Insgesamt wurden von der SuperSport Flaminia 209 Exemplare bestellt und bis 1967 gefertigt. Das Modell Lancia Flaminia 3C 2.8 Supersport war die letzte Version der legendären Sport-Zagatos. Mit drei Weber-Vergasern leistete der 2.8 Liter V6-Motor 110 kW (152PS) bei 5200/min und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 210 km/h.

Drei Weber-Vergaser unter einer Motorhaube

Sportlich, aber nicht für den Rennsport

Die Sport-Zagatos waren trotz ihrer enormen Leistungen nicht für Rennen gedacht. Selbst der SuperSport, dessen Linienführung als eine der schönsten Karosserien galt, war ein Coupé für die Reise und Langstrecke. Es war auch nicht ganz billig. 1964/65 kostete ein Flaminia SuperSport 3C 2.8 Zagato stolze 27.000 DM. Damals hätte man dafür auch ein kleines Einfamilienhaus bekommen. Heute müssen Interessenten für einen gut erhaltenen SuperSport Zagato zwischen 250.000 bis 300.000 Euro bezahlen.

Was für ein Einblick, was für ein Anblick