Vom Fliegen und Fahren: Saab 92

Schon mal von Trollhättan gehört? Ein märchenhaftes Auto aus Schweden.

Überhaupt nicht abgehoben: die Eleganz von Saab auf drei und vier Rädern

Die Experten der zentralen Klassikabteilung der GTÜ in Stuttgart und vor Ort besitzen die notwendige Expertise für Klassiker aller Art. Dabei greifen sie auf fundiertes Wissen und eine umfangreiche, qualifizierte Datenbank zurück. Weil es viele spannende Aspekte zur Historie der verschiedenen Old- und Youngtimer gibt, veröffentlicht das Magazin KRAFTHAND in loser Folge exklusive Einblicke in das Archiv der Sachverständigenorganisation. Diesmal geht es um den Saab 92.

Es sind wohl die vier berühmtesten Buchstaben aus Schweden, von ABBA einmal abgesehen. 1937 gründet sich die Svenska Aeroplan Aktiebolaget, kurz: Saab. In den Wäldern von Trollhättan entstehen, wie es der Firmenname schon sagt, zunächst Flugkonstruktionen. Lukrativer aber verspricht schließlich das Geschäft auf dem Boden zu werden. In Schweden fand sich mit Volvo, wo seit 1927 Fahrzeuge vom Band rollten, nur ein einziger Autobauer. Da dieser aber nur Wagen ab der Mittelklasse anbot, entschieden sich die Luftfahrtingenieure um Gunnar Ljungström zum Bau eines kleinen, einfachen und modernen Wagens.

Auto oder doch eher Flugzeug?

Schon in 1930er-Jahren hatten sich die Importwagen von DKW aus Zschopau auf schwedischen Schotterpisten und in skandinavischen Wintern durch ihren robusten Frontantrieb und die zähen Zweitaktmotoren einen Namen gemacht. Deshalb ist es auch wenig verwunderlich, dass der Ur-Saab mittels eines DKW-Motors das Fahren erlernte. Der dann in Serie modifizierte Zweizylinder mit 764 ccm und 25 Pferdestärken katapultierte das Fahrgerät auf satte 105 km/h Spitze! Unmöglich? Keineswegs für Luftfahrtingenieure, die im Windkanal ein Blechkleid mit geschlossenem Unterboden ähnlich einer Tragfläche schneiderten.

Die Tarnkappe aus Trollhättan

1952 wurde zu einem Jahr voller lieblicher Verheißungen – die erste Modellüberarbeitung bescherte der Kundschaft den Saab 92B und von nun an tatsächlich auch andere Farbtöne als das ursprüngliche Waldgrün, für das schlichtweg alte Armee-Tarnbestände aufgebraucht wurden. Wichtigste Karosserieänderungen dürften die nun von außen zugängliche Heckklappe und die größere Heckscheibe für eine bessere Rundumsicht gewesen sein. Zu guter Letzt erstarkte der Motor auf 28 Pferde, wobei die zwei Takte und die daraus resultierende Geräuschentwicklung allerdings nie so recht zur aerodynamisch so schicken Flugzeugoptik passen wollten.

Mit links siegt der Saab im Gelände

Die beste Werbung für Saab wird der Motorsport. Bereits 1950 traten zwei Teams bei der Rallye Monte Carlo an, um die berüchtigten Haarnadelkurven des Col de Turini zu bezwingen. 1952 gewann die schwedisch-norwegische Rallyefahrerin und Autorin Greta Molander den „Coupe des Dames“ der Rallye Monte Carlo mit dem auf 35 PS getunten 92er Saab. Der Trollhättaner Erik Carlsson, ein Spezialist für das Linksfußbremsen, siegte 1955 mit einem Saab 92B bei der 800 km langen Schweden-Rallye.

Erfindungsreich im Duell mit Volvo

Saab blieb dem Zweitakter bis 1967 treu und untermauerte damit seinen Ruf als vielleicht skurriler, aber stets individueller Autobauer. Dem übermächtigen Konkurrenten schlugen die Saab-Konstrukteure in der Folge immer wieder ein Schnippchen – ob mit den ersten Beckengurten oder einem siebensitzigen Kombi. Merke: Trolle sind höchst erfindungsreich.