Sonntags hat das Auto frei

Classic News im Blog: 1973 wird Energiesparen Bürgerpflicht.

Das G-Modell von Porsche: Gewaltig trotzt der Elfer der Ölkrise (Fotos: MCOM Research Archiv)

Alles schon mal da gewesen, vor einem halben Jahrhundert: Ende des Jahres 1973 brach eine bis dahin unbekannte Sorge über die Automobilbranche herein: Anfang Oktober begannen Ägypten und Syrien den Jom-Kippur-Krieg gegen Israel und kurze Zeit später stieg der Ölpreis um satte 70 Prozent. Besonders hart traf es damals die USA und die Niederlande, die von den arabischen Ölförderländern (OPEC) überhaupt kein Öl mehr geliefert bekamen. Und in Deutschland? Autofahren wurde stigmatisiert, gleichwohl schon damals nicht die Autos die größten Ölverbraucher waren, sondern die Industrie und die privaten Haushalte. Die Autofahrer zogen mürrisch mit und akzeptierten einige autofreie Sonntage und Tempolimits von 100 km/h auf Autobahnen und 80 km/h auf Landstraßen. Auch das Hamstern war damals bereits in Mode, denn die Deutschen deckten sich 1973 mit Benzin ein.

Der heilsame Schock von damals wirkt nach

Eine bundesweite Debatte trieb die Menschen um, die der heutigen sehr ähnlich ist.

Die Automobilbranche hatte aus dem Öl-Schock ihre Konsequenzen gezogen und den Fokus auf mehr Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit gelegt. Das wirkt immer noch. So ist der Großteil der Fahrzeuge mittlerweile gekennzeichnet durch sparsame Motoren, die im Durchschnitt um die fünf bis sechs Liter/100 km Verbrauch aufweisen und deren CO²-Ausstoß innerhalb von dreieinhalb Jahrzehnten nahezu halbiert wurde. Waren es 1988 im Durchschnitt noch 188,6 Gramm pro Kilometer, sanken die CO²-Emissionen laut Bundesumweltamt 2022 auf 109,6 Gramm pro Kilometer. Diese kontinuierliche Senkung der Emissionen hatte insbesondere Auswirkungen auf die Kfz-Steuerlast. Kein Wunder also, dass für Automobile der 1990er Jahre mit sparsamen Motoren heute nicht unbedingt eine H-Zulassung für Oldtimer beantragt wird, da die aktuelle Steuerlast solcher Motoren häufig günstiger ist als die Pauschalbesteuerung der Oldtimer mit 191 Euro.

Der Krise mit Sparmodellen trotzen

Das Öl in Deutschland wurde 1973 nicht wirklich knapp, nur die Preise zogen mächtig an und leiteten ein Umdenken ein. Sparmodelle waren aber schon zu Krisenzeiten auf dem Markt. Allen voran überzeugte der neue Fiat 126 mit einem Verbrauch von 5,5 Litern. Durch seine kompakte Bauform und den verhältnismäßig großen Innenraum wurde er vom Publikum gut angenommen. Anders der AWS Shopper aus Berlin. Vom Ansatz her ein Spar- und Spaßautomobil, das gerade mal 4,5 Liter/100 km brauchte, aber mit seiner kantigen Form eines Baukastenmodells keine große Nachfrage erzeugte und schnell wieder verschwand.

Deutscher Dreikampf zwischen Opel, VW und BMW

Erfolgreicher war da der Opel Kadett, der 1973 in dritter Generation als Kadett C in einer schnittigen Coupé-Form angeboten wurde. Der 1.2 Liter Motor des Grundmodells brauchte damals zwar satte 8.5-9 Liter/100 km, überzeugte aber mit seiner Ausstattung und der durchdachten Technik. General Motors schnappte sich dieses Modell für den heimischen Markt und modifizierte aus dem Kadett C die für amerikanische Verhältnisse sparsame Chevelle, die gerade rechtzeitig für die von der Ölkrise sehr stark betroffenen US-Amerikaner auf den Markt kam. Opels großer Konkurrent in Deutschland war Volkswagen. In Wolfsburg wurde 1973 erstmals der Passat vorgestellt, der bei VW die Abkehr vom Heckmotor einleitete. Das 1.5 Liter- Standardmodell Passat L wies damals einen Verbrauch von 9.3-9.8 Liter/100 km auf. Auch unter zehn Litern blieb der 170 PS starke BMW 2002 turbo, das neue Topmodell aus München.

Durstige Modelle gab es immer noch

Schön, aber auch durstig waren die sehr gut angenommenen Lancia-Modelle, wie das viertürige Beta Coupé, das von Pininfarina überarbeitet worden war. Weitere Varianten waren zweitürige Limousinen mit Stufenheck oder das dreitürige Kombi-Coupe Beta HPE. Schlusspunkt in der Serienproduktion war dann das Beta Spider Cabriolet mit Targa-Dach und feststehendem Überrollbügel. Sparsam war keiner, denn im Durchschnitt verbrauchten die Italiener elf bis 15 Liter/100 km. Ebenso durstig rollte das neue Porsche 911 G-Modell 1973 in den Markt, das auffällige Stoßfänger nach US-Vorschrift trug und gut 14 Liter verbrauchte. Gleiches galt für das 1973 neu vorgestellte Bitter CD Sportcoupé, das auf Opel-Diplomat-Technik basierte und amerikanische (GM) und deutsche Technik (Opel) zu einer Fließheckkarosserie im Stil der italienischen Sportwagen verband. Ähnlich im Auftritt war der Matra-Simca Bagheera, der vorne drei Sitze besaß, aber trotz Kunststoffkarosse nicht punkten konnte.