Panzer, Flaggschiff und Traumauto

Was für eine S-Klasse: das Mercedes 280 SE 3.5 Cabriolet.

(Bild: Eagle2308 – stock.adobe.com)

Die Experten der zentralen Klassikabteilung der GTÜ in Stuttgart und vor Ort besitzen die notwendige Expertise für Klassiker aller Art. Sie greifen auf fundiertes Wissen und eine umfangreiche, qualifizierte Datenbank zurück. In loser Folge veröffentlicht das Magazin KRAFTHAND exklusive Einblicke ins Archiv der Sachverständigenorganisation. Diesmal geht es um das Mercedes 280 SE 3.5 Cabriolet.

Viva, Las Vegas!

Was in Vegas passiert, bleibt auch in Vegas. Die Faustregel für Junggesellenabschiede im Spielerparadies von Nevada lässt sich leider nicht immer umsetzen. Schon gar nicht, wenn die Sache derart aus dem Ruder läuft wie in der Hollywood-Komödie Hangover. Die vier Jungs um Bradley Cooper kommen zwar gerade noch rechtzeitig zur Hochzeit nach Hause, aber sie sind schwer angeschlagen. Ihr Auto ist es leider auch, was sich partout nicht verbergen lässt. Das schöne Mercedes 280 SE 3.5 Cabriolet! Ausgerechnet diese elegante S-Klasse.

Eine Klasse für sich

Gut möglich, dass die Ingenieure von Mercedes auch an Las Vegas dachten, als sie 1969 ihr neues Flaggschiff präsentierten. Allerdings nicht an durchgeknallte Saufkumpane, sondern eher an die Schönen und Reichen, die sich dort die Zeit vertreiben und das nötige Kleingeld für ein Traumauto ausgeben. Als die Untertürkheimer 1965 die neue Baureihe ihrer Oberklasse vorstellten, verlieh dem 250 SE noch ein Reihensechszylinder mit 2,5 Liter Hubraum die Kraft von 150 PS, ab Februar 1968 leistete der 2,8 Liter schon 160 PS.

Noch echte Handarbeit

Von Beginn war das Fahrzeug ein Traum: Die Türen fielen satt ins Schloss, man fühlte sich sicher wie in einem Panzer. Innen überall Holz und Leder, dünnes, großes Lenkrad, die Liebe zum Detail unübersehbar, alles beste Wertarbeit. Allein für das Verdeck des Cabriolets nahmen sich die Mitarbeiter 16 Stunden Zeit für exakte Handarbeit. Rein äußerlich verlieh die ungewöhnlich niedrige Gürtellinie der 4,90 Meter Luxuskarosse eine besondere Eleganz. Die wurde später noch dadurch verstärkt, dass auch der typische Benz-Kühlergrill flacher und breiter wurde.

Auch die Maschine ist ein Träumchen

Toppen konnte dieses Modell nur noch ein zukunftsweisendes Aggregat. Das präsentierte Mercedes 1969. Der V 8-Motor aus Guss überzeugte mit Aluminium-Zylinderköpfen und einer Nockenwelle pro Kopf. Die elektronische Bosch-Benzineinspritzung und die Transistorzündung verhalfen der 3,5 Liter Maschine immerhin zu 200 PS. Von Null auf 100 km/h beschleunigte das knapp zwei Tonnen schwere Fahrzeug in weniger als zehn Sekunden.

(Bild: Sergey Kohl – stock.adobe.com)

Die große Preisfrage

Eigentlich war der kurzhubig angelegte Motor sehr drehfreudig, dies auszunutzen gehörte aber nicht zum guten Ton. Das große Cabriolet cruiste auch souverän, ein lustvoll schwebendes Verfahren. Natürlich fiel auch der Preis unter die Kategorie Oberklasse und betrug rund 35.000 Deutsche Mark ohne Extras. Bis 1971 wurden nur 1.232 Fahrzeuge gebaut, die meisten davon landeten in den USA.

Ein Tiger macht alles kaputt

Eine Rarität also, die den Sammlerwert in die Höhe steigen ließ. Heute kann ein Mercedes 280 SE 3.5 Cabriolet gut und gern über 300.000 Euro kosten. Umso schmerzhafter, wie die Hollywood-Komödianten mit dem schönen Klassiker umgingen. Laut Hangover-Drehbuch saß der Tiger – das Hauskätzchen von Mike Tyson – in Las Vegas ja leider nicht im Tank. Sondern im Inneren des Wagens, wo er sich an Verdeck und Leder austobte, um seinem Unmut Luft zu machen. Gerüchten zufolge sollen während der Dreharbeiten fünf (!) dieser Fahrzeuge beschädigt oder völlig zerstört worden sein. Wie viele davon auf das Konto des losgelassenen Tigers gehen, wurde nicht verraten.