Kennzeichen XY aufgelöst

Von A wie Augsburg bis Z wie Zwickau: Die geografische Herkunft von Kennzeichen zu raten, ist gerade auf längeren Autofahrten ein unterhaltsames und lehrreiches Spiel für die gesamte Familie. Richtig spannend wird es aber bei Behördenfahrzeugen: Für welche Stadt zum Beispiel steht denn das Unterscheidungszeichen THL? Warum trägt die Bundeswehr kein BW auf dem Nummernschild? Hatte die Bundespost ein Comeback? Und stimmt es, dass Polizeiautos keine HU-Plakette brauchen? Die GTÜ gibt Antworten auf diese und andere Fragen.

Foto: Bundespolizei

Sahen die früher nicht anders aus? Richtig. Viele Jahrzehnte lang trugen Fahrzeuge von Feuerwehr, Polizei, Stadtreinigung & Co. für gewöhnlich Kennzeichen, die lediglich aus einem Unterscheidungszeichen und einer Zahlenfolge bestanden. Das hat sich mit der Novellierung der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) vom 1. März 2007 geändert. Seitdem bekommen auch Behördenfahrzeuge ein Kennzeichen aus Unterscheidungszeichen, Buchstabenfolge und Ziffernfolge. Die hessische Landespolizei beispielsweise lässt ihre Streifenwagen mit WI HP und einer Ziffernfolge zu. „HP“ steht dabei für „hessische Polizei“.

Aus welcher Stadt kommt die dunkle Limousine mit dem Kennzeichen THL? Vermutlich aus Erfurt – auch wenn man dort sonst das Kennzeichen EF trägt. THL ist nämlich kein lokales Unterscheidungszeichen, sondern ein Kürzel der Landesregierung und des Landtags von Thüringen. Behördenkennzeichen nach diesem Muster gibt es in den meisten deutschen Bundesländern, zum Beispiel auch in Brandenburg (BBL), Bayern (BYL) und Rheinland-Pfalz (RPL). Keine eigenen Unterscheidungszeichen für Regierung und Parlament verwendet man in Berlin, Bremen und Hamburg – dort gelten stattdessen B, HB und HH.

Wer ist die Nummer 1 und 2 im Land? Fahrzeuge von Bundesregierung, Bundespräsidialamt, Bundestag, Bundesrat, Bundesverfassungsgericht und weiterer Spitzengremien tragen Kennzeichen, die mit dem Kürzel BD für Bundesrepublik Deutschland beginnen. Ausnahme sind die Kennzeichen für Dienstfahrzeuge der höchsten Amtsträger. Der Bundespräsident fährt bei repräsentativen Anlässen eine Limousine mit dem Kennzeichen 0-1 und der Bundeskanzler mit 0-2. Dahinter rangieren weitere Minister und Spitzenbeamte.

Woran erkennt man Auslandsvertreter? Diplomatenkennzeichen werden an hochrangige Mitglieder des diplomatischen Corps vergeben, beispielsweise Botschafter. Diese beginnen ebenfalls mit einer Null, üblicherweise folgen dann zwei Ziffernblöcke. Der erste davon verweist auf das Land. Die Liste der knapp 200 Codes beginnt mit 10 für den Vatikan. Der zweite Ziffernblock verweist auf den Rang des Diplomaten – Botschafter führen üblicherweise die 1.

Autos der Bundespolizei tragen ein Kennzeichen mit BP und zwei Ziffernfolgen. Aber BP gehörte in der Vergangenheit doch zur Bundespost? Stimmt schon. Aber beide Behörden kamen sich hinsichtlich ihrer Autokennzeichen nie in die Quere. Denn die Kennzeichen der Bundespost wurden 1997 endgültig abgeschafft. Das war eine Folge der Privatisierung der Post zum Jahr 1995 und der Aufspaltung in die verschiedenen heutigen Unternehmen. Die Bundespolizei ist 2005 entstanden. Ihre Vorgänger waren in der Bundesrepublik der Bundesgrenzschutz (Kennzeichen BG) und bis zu deren Auflösung 1992 auch die Bahnpolizei der Deutschen Bundesbahn (Kennzeichen DB).

L 409 Leitstelle (Polizeiausführung), 1980.

Warum sind die Fahrzeuge der Bundeswehr nicht unter dem Kürzel BW zugelassen? Das hat historische Gründe, erklärt die Pressestelle der deutschen Armee. Als die Bundeswehr 1955 gegründet wurde, waren die naheliegenden Buchstabenkombinationen schon vergeben. BW beispielsweise steht bis heute für die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Der damalige Brigadegeneral Kurt Vogel hatte die Idee, stattdessen den Buchstaben Y als Unterscheidungszeichen zu nutzen. Denn keine große deutsche Stadt oder Gebietskörperschaft beginnt mit Y. Dabei ist es bis heute geblieben. Von anderen Behördenkennzeichen unterscheiden sich die Bundeswehrzulassungen auch technisch, unter anderem sind sie nicht reflektierend und verwenden eine leicht andere Schrifttype. Die den Nato-Hauptquartieren zugeordneten Fahrzeuge der Bundeswehr tragen eine mit X beginnende Zulassung.

Mercedes-Benz 230 G der Baureihe 460, Gerätewagen Wasserrettung der DLRG im Mercedes-Benz Museum, Raum Collection 5: Galerie der Alltagshelden. Gesamtansicht von rechts vorn. (Fotosignatur der Mercedes-Benz Classic Archive: D830897)

Benötigen Polizeifahrzeuge wirklich keine HU? Das stimmt nur teilweise. Die Fahrzeuge der Bundespolizei sind gemäß Paragraf 29 der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) von der Pflicht zur Hauptuntersuchung befreit. Alle anderen Dienstfahrzeuge von Landes- und Stadtpolizeien müssen regelmäßig eine HU absolvieren – wie jedes zivile Automobil. Die Bundespolizei kontrolliert die Verkehrssicherheit ihrer Dienstfahrzeuge selbst – mit Hilfe einer eigenen Technischen Prüfstelle. Ähnlich regelt es auch die Bundeswehr mit der Fachabteilung Zulassung Fahrzeuge bei den meisten ihrer rund 90.000 Fahrzeuge. Lediglich Zivilfahrzeuge der Armee absolvieren ihre Hauptuntersuchung in externen Prüfstellen.

Nimmt die Kennzeichen-Vielfalt zu? Ja, tatsächlich ist die Zahl der Unterscheidungszeichen in Deutschland seit 2012 gestiegen. Rund 700 verschiedene Kürzel gibt es heute in der Bundesrepublik. Die meisten der aus ein bis drei Buchstaben bestehenden Codes stehen für Städte und Gebietskörperschaften. Grund für die Kennzeichen-Konjunktur: 2012 trat die sogenannte Kennzeichenliberalisierung in Kraft. Sie erlaubt es, historische Kennzeichen wieder zuzulassen, die nach den Gebietsreformen der 1960er- und 1970er-Jahre (Westdeutschland) und 1990er-Jahre (Ostdeutschland) weggefallen waren. Darüber freuen sich viele Autofahrer, die mit ihrer Region eng verbunden sind. Derzeit läuft an der Hochschule Heilbronn ein Projekt für die Kennzeichenliberalisierung II mit dem Ziel, dass 320 weitere deutsche Städte und Gemeinden mit mehr als 20.000 Einwohnern eigene Kennzeichen erhalten. Es werden aber manchmal auch neue Kennzeichen eingeführt, wenn für das bestehende Unterscheidungszeichen zu viele Fahrzeuge zugelassen sind. Das ist in der Stadt und dem Landkreis München der Fall. Dort gibt es neben Kennzeichen mit dem Kürzel M seit 2023 auch Zulassungen mit MUC.

Der LF 3500 mit Drehleiter verkörpert Anfang der 1950er-Jahre im Feuerwehrfahrzeugbau den Stand der Technik. Das hochmoderne Fahrzeug basiert auf dem Langhauber-Fahrgestell des Mercedes-Benz 3,5-Tonnen-Lastwagens und verfügt über eine Drehleiter der Karlsruher Firma Metz. Mechanisch angetrieben, erreicht die Leiter eine senkrechte Steighöhe von 22 Metern.

Alle Fragen geklärt? Wer die Antworten der GTÜ Gesellschaft für Technische Überwachung mbH kennt, ist bestens gerüstet für die nächste Fragerunde auf der Autobahnfahrt zum Beispiel in den Sommerurlaub.