- 05. Mai 2021
- Tradition & Innovation
- Ulf Schulz
Forever Young – Porsche 924/944 – Zwölf Kästen Bier in einem Porsche
Die Experten der zentralen Klassikabteilung der GTÜ in Stuttgart pflegen eine umfangreiche Datenbank. Für uns öffnen sie ihre Schatzkammer und erzählen die Geschichte besonderer Old- und Youngtimer. In loser Folge heißt es im Blog deshalb: Nostalgie wie nie …
Den meisten von uns, die an Porsches Baureihe 944 denken, fährt blitzartig auch ein 924 mit durch die grauen Zellen. Oft fällt dabei das wenig schmeichelhafte Urteil vom „Hausfrauenporsche“. Ist etwa alles, was kein 911 ist, kein echter Porsche? I wo. Schließlich basiert der erste Ruhm der Sportwagen auf dem 356 mit seinen vier Zylindern. Der 924 aus den Siebzigern legt die Basis für ein noch erfolgreicheres Modell in den Achtzigern, das ebenfalls im Audi/NSU-Werk in Neckarsulm entsteht.
Wie Getriebe und Achse zueinanderfinden
Es geht ums Prinzip, das sich drastisch vom bisherigen Porsche-Konzept unterscheidet. Im 924 findet sich dank des Zugriffs aufs VW-Teileregal ein wassergekühlter Zwei-Liter-Motor aus dem Audi 100. Er sitzt aber so weit vor der Vorderachse, dass das Getriebe vor der Hinterachse Platz nehmen muss. Ein Prinzip, das durch das Kunstwort Transaxle beschrieben wird: Transmission (Getriebe) + Axle (Achse). Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg war dieses System bekannt, brachte es doch die Vorteile der idealen Gewichtsverteilung und eines neutralen Fahrverhaltens mit sich. Motor und Getriebe sind mit einem starren Rohr verbunden, wobei die Kupplung direkt am Motor sitzt.
Das System sorgt im Innenraum für viel Platz, dementsprechend bewirbt Porsche seinen jüngsten Spross als Familien-Sportkombi. Der 924 wird stetig weiterentwickelt und in diversen Rennsportserien eingesetzt, wo er mit Jürgen Barth oder Walter Röhrl große Erfolge feiert. Der vergleichsweise günstige Sportwagen ist auch auf dem Markt ein voller Erfolg und sichert Porsche ein unbeschadetes Überleben in der Ölkrise. Doch es wird Zeit, an einen Thronfolger zu denken. Zumal zwischen dem stärksten 924 und dem 911 leistungstechnisch ein Loch klafft, das geschlossen werden soll. Die Stunde des 944 ist gekommen: Mit verbreiterten Kotflügeln und einem vom Produktionsstart weg eigens konstruierten Motor tritt der nächste Vierzylinder-Sportwagen 1981 seinen Siegeszug an.
Der Vierzylinder ist eine Bank
Aus der rechten Zylinderbank des V8-Triebwerks für den 928 entsteht ein Triebwerk mit 2.470 Kubikzentimetern und 163 Pferdestärken, das bei 3.000 Umdrehungen pro Minute bereitwillig 205 Newtonmeter abgibt und den Boliden in 8,4 Sekunden von null auf 100 Stundenkilometer beschleunigt. Die verbauten Ausgleichswellen, die dem unvollkommenen Massenausgleich eines Vierzylinders entgegenwirken sollen, sind im Automobilbau heute Standard – Porsche ist der Vorreiter.
Es folgen verschiedene Motorvarianten: der 944 S kommt mit Vierventiltechnik und 190 PS, der Turbo anfangs mit 220 PS und nach bestandener Feuertaufe sogar mit 250 PS und schließlich der 944 S2 mit drei Liter Hubraum und 211 PS. Er gilt damit als hubraumgrößter deutscher Nachkriegsvierzylinder.
Dass so viel Sportwagen auch noch zwei plus zwei Sitze hat, dazu Sitzheizung, Klimaanlage, elektrische Fensterheber und ein Targa-Dach zur Ausstattung gehören, klingt fast schon nach einer Eier legenden Wollmilchsau. Eine Gasthaus-Wette beweist, dass sich problemlos zwölf Kisten Bier in diesem Porsche transportieren lassen, ohne dass die Vordersitze genutzt werden. So kann der 944 an den Erfolg des 924 anknüpfen und wird mit über 163.000 verkauften Einheiten zum Ersthelfer der Marke: Wie viel echter kann ein Porsche also sein?!
Dieser Beitrag ist erstmals im Magazin Krafthand vom 15. September 2020 erschienen, den ausführlichen Artikel lesen Sie hier.