- 22. November 2024
- Tradition & Innovation
- Elmar Brümmer
Eine Geschichte von Luft und Liebe
Classic-News: Wie Porsche zum Synonym für Turbo wurde
Manchmal sind es die unterschiedlichen Tonlagen, die einem ein Auto zum Freund machen. Begehen wir das Jubiläum eines deutschen Ausnahme-Sportwagens daher doch ganz einfach akustisch: da ist dieses charakteristische Pfeifen, wenn der Turbolader einsetzt. Oder jenes Knistern am Ende einer langen Ausfahrt. Das unterdrückte Kreischen, wenn es in die oberen Drehzahlregionen geht (gemeint ist damit nicht die Reaktion auf dem Beifahrersitz). Vor allem aber dieses dunkle, satte Grollen, wenn der 911 Turbo seine ganze Kraft entfaltet hat und sich auf Reiseflughöhe befindet.
Turbo wird zum Prinzip
Vor einem halben Jahrhundert feierte der Turbo seine Premiere als Serienauto, lackiert in Vipergrün-Diamant, innen mit schwarzem Leder und Tartan-Sitzmittelbahnen. Und außen lässt ein mächtiger Flügel am Heck erahnen, was sich darunter an Power verbirgt. Seither gilt das Auto nicht bloß als Synonym für ein technisches Prinzip, sondern für die ganze Marke: Porsche ist Turbo. Und Turbo wird auch im allgemeinen Sprachgebrauch immer dann gebraucht, wenn es das normale Superlativ nicht tut. Sogar bis hin zum Turbo-Abi. Dagegen nimmt sich die Ankündigung von 1974, Deutschland kam gerade aus der Ölkrise, beinahe bescheiden aus. Zitat: „Trotz überragender Leistungsfähigkeit verzichtet der neue Porsche auf alle negativen Attribute konventioneller Höchstleistung. Er ist weder hart noch spartanisch ausgestattet oder empfindlich im Betrieb.“ Einfach eine Klasse für sich, auch nach fünf Jahrzehnten noch.
Konsequenter Klassiker
Damals taten es 191 kW (260 PS), damals einer der schnellsten Fahrzeuge seiner Zeit. In der jüngsten Ausprägung sind daraus 427 kW (580 PS) geworden. Das Erfolgsrezept Turbo ist die ständige technische Evolution eines zeitlosen Klassikers. Konsequenz und Stärke sind dabei unveränderte Tugenden. Der 911 Turbo, der seine Gene aus dem Rennsport hat und dessen Prinzip der Kreativität des genialen Stuttgarter Motorenkonstrukteurs Hanz Mezger entsprungen ist, gilt als klares Bekenntnis zur Leistungsstärke. Turbo-Fahrer nehmen für ihren Sportwagen und für sich auch gern eine gewisse Charakterstärke in Anspruch. Die Krönung jeder Elfer-Baureihe.
Die Grenze des Machbaren
Der Turbo steht vor allem für eine Kombination Sportlichkeit und Alltagstauglichkeit, für ein intensives Fahrerlebnis. Oder, wie es der Hersteller selbstbewusst ausdrückt: „Ein Turbo markiert immer die Grenze des Machbaren.“ Auf der Straße ist er ein Porsche, der Dir den Atem rauben kann. Der durchaus seinen eigenen Willen hat, dessen Leistung aber längst für jedermann fahrbar scheint. Aber es will immer noch gezähmt werden, dieses markante Heck. Oder, wie es ein Testfahrer angesichts der Neuvorstellung notierte: „Seine Anhänger wird es freuen, er ist ein Tier geblieben.“ Treue Turbo-Freunde sehen darin ein echtes Erweckungserlebnis. Brachiale Gewalt entfesseln, wenn es sein muss, die Bremsen.
Starke Liebe zur Straße
Ansonsten fährt viel Eleganz mit, und auch mächtig viel Souveränität. Turbofahren kann sich zum Lebensgefühl verdichten. Es ist auch das Gefühl, jederzeit die Erwartungen übertreffen zu können, sich aber niemandem beweisen zu müssen. Immer wieder über das Gewöhnliche hinauszugehen. Es ist das Gefühl von „mehr“. Die Luft wird ihm so schnell nicht ausgehen. Der Liebe zur Straße wird er treu bleiben. Das ist das ewige Turbo-Versprechen.