- 07. August 2023
- Tradition & Innovation
- Herbert Schulze
Ein Klassiker unter den Trucks
Classic News im Blog: Kenworth W900B Class-8 Sattelzug
Trucks mit amerikanischen Ausmaßen sind hierzulande praktisch nur auf Messen oder Roadshows zu bestaunen, ob sie nun Kenworth, Mack Anthem, Freightliner, Western Star oder Peterbilt Trucks heißen. Als sogenannte Class-8-Trucks gehören sie zu den Schwergewichten auf der Straße, bewegen zwischen 15 und 36 Tonnen Nutzlast. Umgebaut sind sie wie gemacht für Ausstellungen: Einfach in die Messehalle fahren, die Druckluftbremsen zischend betätigen und den Auflieger der meist fünfachsigen Trucks mit einer Treppe ausstatten – fertig ist der Messestand.
Bei der GTÜ für ein Klassikgutachten
Wir hatten die Gelegenheit, einen dieser Class-8-Trucks im Rahmen eines GTÜ-Classic-Gutachtens etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Unser Fahrzeug gehört zu den beliebtesten Modellen, die bei deutschen Unternehmen im Einsatz sind. Eine Kenworth W900B Sattelzugmaschine, angetrieben von einem Cummins-Sechszylinder-Dieselmotor mit 14 Litern Hubraum und einem Abgasturbolader mit 261 kW/ 355 PS Leistung, die mit einer historischen Zulassung im Roadrunner-Design gut 18 Tonnen bewegen kann.
Gute Vibrationen
Die bewegte Geschichte des Kenworth W900B begann 1982, als der Hersteller Paccar Inc. dieses Modell als Ersatz für den kleineren W900A vorstellte. Das neue Modell verfügte über eine verbesserte Motorkühlung, wodurch die Motorhaubenlinie angehoben und das Fahrerhaus höher am Rahmen montiert werden musste. Die Kabine und die neuen Schlafplätze des W900B waren über eine bequeme Metalltreppe erreichbar, über die sich der Fahrer in den Schwingsattel hieven konnte. Der Schwingungssitz war auch nötig, um die Vibrationen des Ungetüms aufzufangen, denn sobald man den Motor startete, hatte man das Gefühl, in einer Diesellok zu sitzen. Die damals eingeführten Aerocab-/Aerodyne2-Kabinen, die hinter dem Fahrerhaus montiert werden und dem Fahrer einen komfortablen und geräumigen Ruhe- und Schlafraum bieten, waren später für alle W900-Modelle erhältlich.
Ein Wendekreis von 20 Metern
Der Kenworth W900B besitzt den typischen klassischen zeitlosen Look, der sich mit langer Motorhaube und klaren Linien beim Betrachter in Erinnerung ruft und der eigentlich nie aus der Mode kommt. Bis heute werden die beliebten Kenworth W900B Modelle unverändert angeboten und sind eigentlich zu hochwertig, um als Speditionsfahrzeuge im Alltag ihren Dienst zu tun. Nachteilig im engen Europa ist die etwas beeinträchtigte Lenkfähigkeit und Sicht, die den Fahrer zur vorausschauenden Fahrweise zwingen. Auch der Wendekreis ist mit 20 Metern sehr ausladend.
Imponierende technische Daten
Überzeugender sind dabei die technischen Daten. Angefangen bei den Motoren, die entweder von Cummins, Detroit Diesel oder Paccar Inc. kommen, immer als Sechs-Zylinder-Diesel mit rund 14 Liter Hubraum und über 300 PS ausgelegt sind. In der Regel weisen sie einen Abgasturbolader und einen Luft-Wasser-Ladeluftkühler auf. Die mechanische Kupplung kommt von Spicer und das Getriebe von Fuller mit Overdrive für 13 Fahrstufen. Angetrieben wird das Fahrzeug über ein Doppelachsaggregat mit Rockwell-Achsen hinten. Die Bremsen sind bei unserem Kenworth-Modell von Kässbohrer auf EG-Norm umgerüstete Druckluft-Trommel-Bremsen vorne und hinten.
Das Cockpit wie im Flugzeug
Das Armaturenbrett gleicht einem Cockpit eines Flugzeugs und ist mit Instrumenten, Schaltern und Hinweisschildern übersät, beispielsweise für die komfortable elektrisch bedienbare Sattelkupplung, den Bremsdruck, das Interaxle Differential, oder für Frischluft und Wärme. Die gesamte Ausstattung des Kenworth W900B kostete bei Auslieferung einst rund 80.000 US-Dollar, was 1987 einen Wert von rund 146.800 D-Mark darstellte. Diese umgerechnet 72.000 Euro ist das Fahrzeug in guter Erhaltung auch noch heute wert.