Der Berg ruft

Das fantastische Comeback des Glasbachrennens.

Bild: mepictures – Marcus Möller

Morgens, an einem Samstag mitten im Juni. Leichter Regen küsst den Asphalt. Am Fuße des kleinen Örtchens Steinbach in Thüringen quietschen die Räder eines Ford Escort RS 1600 BDA. Der Cosworth-Motor des Hundeknochen-Escort heult auf, die kleine Ampel schaltet auf grün und schon geht die Post ab. Mittendrin im 26. Internationalen Glasbachrennen!

Bild: mepictures – Marcus Möller

Rennsport, zum Greifen nah

Auf den nächsten 5,3 Kilometern warten 35 Kurven und 250 Höhenmeter auf das Kölner Auto mit dem englischen Herzen. Wie an der Seilbahn zieht der Ford kreischend den Berg hinauf. Eine zackige rechts-links Kombination und die einzige Schikane auf der Strecke ist überwunden. Die Zuschauer am Streckenrand sind beeindruckt, als der rechte Radlauf dabei den zur Barriere aufgebauten Reifenstapel leicht touchiert, Streckenposten eilen zum Aufräumen. Kaum später zischen Fahrer und Bolide mit 91 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit über die Ziellinie. 3:30:826, so die Zeit, die aus den Lautsprechern schallt und schon quietscht es aufs Neue an der Startlinie.

Die Tradition lebt wieder auf

Seit 1974 wird am Rennsteig das längste Bergrennen Deutschlands ausgetragen. Damals, im September, erlebten über 6.000 Besucher die Läufe zur DDR-Meisterschaft. Und schnell wurde es internationaler auf der anspruchsvollen Strecke. Fahrer aus dem Ostblock duellierten sich mit Berg und Stoppuhr. Doch nach der Wende stoppten der marode Asphalt und eine ungenügende Streckensicherung vorerst den Rennbetrieb. Die Ortschaft Steinbach, direkt an der Bergrennstrecke liegend, wollte sich dem Verfall der Geschichte nicht ergeben. In einer neu gegründeten Rennsportgemeinschaft, dem Altensteiner Oberland e.V. rund um die Vorsitzenden Markus Malsch und Thomas Weih wurde der Grundstein für die Wiederbelebung der Rennstrecke gelegt.

Bild: mepictures – Marcus Möller

Die modernste Piste Europas

Als ein Umzug der Piste nötig wurde, schaffte man zusammen Großes. In unzähligen Arbeitsstunden und mit der Unterstützung des Freistaates Thüringen und dem ADAC, wurde nicht nur Deutschlands längste Bergrennstrecke am Glasbach entwickelt, sondern auch die modernste Europas. Der wahre Kern des Pudels liegt aber in den Steinbachern selbst. Ausgestattet mit großen Herzen, unbändiger Leidenschaft und einer Gastfreundschaft, die ihresgleichen sucht, strahlt das Bergdorf die Liebe zum Motorsport in die Welt hinaus. Alles ist auf den Beinen!

Bild: mepictures – Marcus Möller

Die Garage wird zum Fahrerlager

Anwohner räumen emsig ihre eigenen Carports und Garagen, um den amateursportlichen und semiprofessionellen Rennteams ein Fahrerlager zu schaffen. In den schmalen Gassen des Dorfes, wäre es dafür auch schlichtweg zu eng, 145 gemeldete Rennwagen brauchen Platz. Soviel, dass man die Rennstrecke um 200 Meter einkürzt, um im Ziel am Rennsteig alle Fahrzeuge unterbringen zu können – Rekord in der Geschichte des Rennens! Und weil mehr Autos noch mehr Spaß versprechen, starten neben den Teilnehmern der Berg-Europameisterschaft auch die Fahrer und Fahrerinnen des luxemburger sowie österreichischen Berg-Cups, des NSU-Bergpokals und dem historischen Lauf.

Bild: mepictures – Marcus Möller

Ein Formel-1-Pilot als Schirmherr

Bergrennen heißt volle Konzentration. „Anders als auf der Rundstrecke, hast Du eben nur einen Versuch. Machst du einen Fehler, kostet dich das die Platzierung“, resümiert Ex-Formel-1-Pilot und RTL-Kommentator Christian Danner. Er ist Schirmherr der Veranstaltung und das ganze Wochenende vor Ort. Das Bergrennfieber hat ihn längst gepackt, auch wenn der Münchner selbst nur ein einziges Bergrennen in seiner vielfältigen Karriere absolviert hat: „Aber das hier, ist Motorsport zum Anfassen. Man spürt die pure Leidenschaft aller, die hier sind“. Dabei blitzen seine Augen, er grinst, gibt unzählige Autogramme und verschwindet wieder Richtung Strecke. Der Berg ruft!

Bild: mepictures – Marcus Möller