Vom Basteln und Prüfen

Tuning? Aber sicher … Unser Gastkolumnist Karsten Arndt befasst sich augenzwinkernd mit der Szene, hat aber auch eine ernste Botschaft.

Der Hamburger Karsten Arndt liebt und lebt Mobilität. Bekannt ist er durch seinen Podcast „Alte Schule – Die goldene Ära des Automobils“. Seinen Witz behält er auch beim geschriebenen Wort, selbst wenn ihn ein ernst zu nehmendes Thema umtreibt.

Etwas, worüber ich früher oft die Nase gerümpft habe, sind die wilden Tuningauswüchse der Achtziger und Neunziger mit ihren irren Breitbauten, einer ganzen Batterie an Verstärkern und Konzertlautsprechern, die den hinteren Teil des Fahrzeugs komplett in Beschlag nahmen oder Radstürzen, die eher auf ein stark überladenes Fahrzeug hindeuteten als auf eine verbesserte Kurvenlage. Dazu noch Metalflake-Lacke und funktionslose Kunststoffbeplankungen in Spoilerform, die entfernt an die Formel 1 erinnerten sowie ein Fahrwerk, über dessen Härte sich lediglich der Zahnarzt, nicht aber die – fürs Klischee obligatorische – Friseuse auf dem Beifahrersitz gefreut haben dürfte.

So weit die Vorurteile. Ich merke inzwischen nämlich, wie bei mir langsam ein milder Blick zurück in eine eigentlich ganz charmante Zeit einsetzt: Die Leute haben sich mit ihrem Auto auseinandergesetzt, es gehegt und gepflegt und weil nicht alle drei Jahre ein neues Leasingauto vor der Tür stand, haben sie eben im D&W-Katalog Zubehör bestellt und dieses dann mit mehr oder weniger Geschick verbaut. Die Polizei hatte ein unterschiedlich stark ausgeprägtes Einsehen und hat es nicht selten bei augenzwinkernden Verwarnungen belassen.

Diese Zeiten sind leider schon längst vorbei, und wie alles im Leben sind auch die Tuningauswüchse immer extremer geworden (auch wenn man das nach dem, was Willy König damals auf Ferrari-Basis auf die 345er-Räder gestellt hat, niemals geglaubt hätte). Die Leistungen sind förmlich explodiert, 300 km/h sind kein Hexenwerk mehr und wenn eine Phantom die Schallmauer durchbricht, ist der Knall noch ein Flüsterton gegen das, was manchmal an computergenerierten Fehlzündungen beim Kaltstart aus dem Auspuff dröhnt. Umso wichtiger ist in so einer Zeit die Initiative „Tune-it! Safe!“, an der alle deutschen Prüforganisationen, Hersteller, Tuner und sogar die Polizei beteiligt sind.

Ich möchte nicht spießiger wirken als nötig, doch wenn ich mir vorstelle, wie sich ein hochgezüchteter Golf mit turbogeladenen 600 PS, aber einer Bremsanlage, die einem gerade mal das sichere Durchfahren eines Drive-in erlaubt, im Rückspiegel breit macht, dann bin ich der Meinung, dass man gar nicht deutlich genug darauf hinweisen kann, nicht alles zu machen, was technisch wie auch immer möglich ist.

Vor allem gilt es auch beim Tuning, das Gesamtkonzept nicht aus den Augen zu verlieren: Hersteller testen jedes verbaute Teil bis zum Exzess, verbringen Monate im Windkanal, fahren Langstreckentests, belasten das Material bis an seine Grenzen und halten anschließend den Kopf hin, wenn etwas nicht passt. Auch Tuningbetriebe sind inzwischen meistens auf einem extrem hohen Niveau unterwegs, verbauen Zubehörteile, die ebenso genau auf das jeweilige Fahrzeug abgestimmt sind. Das kann und soll kein Hobbyschrauber leisten und darum kann es nie schaden, noch mal einen Profi drüberschauen zu lassen, wenn man ein komplexes Gebilde wie ein Auto in wesentlichen Teilen verändert: Reifenbreite, Federhärten, Dämpfungsraten, Spur, Sturz, Bodenfreiheit etc. – nicht alles, was vielleicht toll aussieht, trägt auch zur Sicherheit bei, oft ist leider das Gegenteil der Fall.

Also, Leute: Bastelt an euren Autos herum, so viel ihr wollt, aber macht es sicher! Die Regeln in Deutschland sind wirklich liberaler als in vielen unserer Nachbarländer und es ist meistens mehr möglich und legal, als es sich selbst die Polizei manchmal während einer Kontrolle vorstellen kann. Aber: Lasst es eintragen! Ob GTÜ, KÜS, TÜV oder DEKRA, dort arbeiten Ingenieure, die auch ein Herz für Tuning haben und die wissen, worauf ihr achten müsst, damit ihr nicht nur laut und schnell, sondern auch sicher und mit einem guten Gewissen unterwegs seid!

Mehr Infos dazu auch auf der Website der Initiative Tune-it! Safe! oder auf gtue.de.

Wenn unser Gastkolumnist Karsten Arndt den ehemaligen italienischen Rennfahrer Arturo Merzario trifft, hat das – dem schicken Hut zum Trotz – nicht direkt mit Tuning zu tun, aber viel mit Sicherheit: Merzario war derjenige, der 1976 Niki Lauda auf dem Nürburgring aus der Feuerhölle zog.