- 07. Oktober 2025
- Sicherheit & Praxis
- Michael Petersen
Notbremsassistent: Wenn die Zehntelsekunde zählt
Wie er funktioniert, was er bringt – und warum der Fahrer verantwortlich bleibt.

Es passiert schneller, als man denkt: Im dichten Stadtverkehr rennt ein Kind zwischen zwei parkenden Autos auf die Straße. Auf der Autobahn staut es sich plötzlich. Im dichten Stadtverkehr kreuzt ein Fahrrad. In solchen Situationen bleibt nur wenig Zeit zum Reagieren. Wenn es für den Tritt auf die Bremse knapp wird oder falls es an Aufmerksamkeit fehlt, spielt der Notbremsassistent moderner Personenwagen seine Stärken aus: Er erkennt die Gefahren und reagiert rascher als es viele Fahrer tun.
Bei Neuwagen immer an Bord
Inzwischen gehört der Notbremsassistent zu den zentralen Standards der Fahrzeugsicherheit – in seiner Bedeutung vergleichbar mit dem Antiblockiersystem ABS oder dem elektronischen Stabilitätsprogramm ESP. Denn seit Juli 2022 ist er in der Europäischen Union für alle neu typgenehmigten Pkw-Modelle Pflicht, seit Juli 2024 gilt dies für jedes neu zugelassene Fahrzeug. Ebenfalls von der EU vorgeschrieben sind Assistenzsysteme wie der Intelligente Geschwindigkeitsassistent, der Notfall-Spurassistent, ein Notbremslicht, Müdigkeitserkennung, Rückfahrassistent und eine „Black Box“ für die ereignisbezogene Datenaufzeichnung.
Der Assistent reagiert automatisch
Der Notbremsassistent arbeitet vom Fahrer unbemerkt kontinuierlich im Hintergrund. Radarsensoren, Kameras oder laserbasierte Lidarsysteme überwachen permanent die Fahrzeugumgebung. Erkennt die Technik eine drohende Kollision, errechnet sie innerhalb von Sekundenbruchteilen, ob eine Bremsung notwendig ist. Zunächst warnt sie den Fahrer – mit optischen oder akustischen Signalen oder auch durch leichtes Ruckeln im Bremspedal. Bleibt die Reaktion aus oder erfolgt zu spät, übernimmt der Assistent selbst und leitet automatisch eine Teil- oder sogar Vollbremsung ein.
Manches funktioniert auch rückwärts
Die europäischen Pflichtsysteme arbeiten im Bereich des Stadttempos. Darüber hinaus sind optionale Systeme bis in hohe Geschwindigkeitsbereiche oder beim Rückwärtsfahren aktiv. Sie bewahren nicht allein Menschen vor Unfällen, sondern vermeiden auch ungezählte Blechschäden. Nachteile: Bei widrigen Sichtverhältnissen funktioniert der Notbremsemsassistent nicht immer ganz zuverlässig. Und sein plötzliches Eingreifen irritiert manchen Fahrer.
Die Unfallrate sinkt drastisch
Situationen, in denen der Autofahrer unaufmerksam oder müde ist, kann der Notbremsassistent entscheidend entschärfen. Auffahrunfälle werden seltener, der Anhalteweg verkürzt sich, besonders ungeschützte Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger oder Radfahrer gewinnen an Sicherheit. Das belegen zahlreiche Erhebungen, sie geben meist ein ähnliches Bild ab wie der Euro-NCAP-Test: Fahrzeuge mit Notbremsassistent haben um bis zu 38 Prozent weniger Auffahrunfälle mit Personenschäden.
Die Verantwortung bleibt beim Fahrer
So hilfreich die Technik ist – sie entbindet den Fahrer nicht von seiner Pflicht, aufmerksam zu bleiben. Rechtlich gesehen bleibt der Mensch am Steuer verantwortlich für sein Fahrverhalten. Der Notbremsassistent ist eine Unterstützung und kein Ersatz für die eigene Reaktion. Die Straßenverkehrs-Ordnung schreibt unmissverständlich vor, dass der Fahrzeugführer jederzeit die Kontrolle über sein Fahrzeug behalten und den Verkehr beobachten muss. Wer sich allein auf das System verlässt und die Verkehrssituation aus den Augen verliert, kann im Falle eines Unfalls haftbar gemacht werden. Der Notbremsassistent bietet ein zusätzliches Sicherheitsnetz, das einen entscheidenden Unterschied ausmachen kann.