- 17. September 2025
- Sicherheit & Praxis
- Peter Thomas
Ist die Ladeinfrastruktur top oder flopp? So unterschiedlich nehmen E-Auto-Fahrer den aktuellen Stand wahr
Für den einen liefert das Laden des E-Autos an öffentlichen Säulen in Deutschland groteske Erlebnisse. Der andere kann die Kritik nicht verstehen: Es fährt und lädt sich doch völlig problemlos mit dem E-Auto im Bundesgebiet. Wie so oft liegt die Realität zwischen beiden Polen.
Gesprächsstoff E-Mobilität
Ja, E-Autos sind als normales Verkehrsmittel im Alltag angekommen. Sie haben die Faszination des Neuen längst abgelegt. Das spiegelt sich auch in der abendlichen Gesprächsrunde unter Freunden. Aber halt – es gibt doch noch anekdotensatten und bunten Gesprächsstoff rund ums elektrische Fahren: die Sache mit der Nutzung öffentlicher Ladepunkte. Da nämlich gehen selbst unter überzeugten E-Auto-Nutzern die Meinungen auseinander. Der eine rauft sich angesichts von Unzulänglichkeiten die Haare, der nächste ist mit dem Angebot auch auf der Langstrecke rundum zufrieden. Was stimmt denn nun? Die GTÜ Gesellschaft für Technische Überwachung mbH liefert Fakten und ordnet das Thema ein.
Das große Rechenspiel
Die nackten Zahlen lügen nicht: In Deutschland gibt es für rund 1,7 Millionen reine E-Autos über 131.000 Normalladepunkte und mehr als 40.500 Schnellader. Dazu kommen private Wallboxen und firmeneigene Ladepunkte – eine absolut respektable Abdeckung. Warum findet dann der eine das Angebot top und der andere flopp? Es dürfte an der regional unterschiedlichen Verbreitung liegen: Viel öffentlichen Ladestrom gibt es tendenziell vor allem im Süden und im hohen Norden. Andernorts sieht es düster aus. Und selbst in vermeintlichen Vorzeigeregionen mit einer statistischen Spitzenabdeckung gibt es Orte mit ganzen Stadtteilen ohne eine einzige Ladesäule.
Preisfrage Ladestrom
Spontanladen an der Autobahn? So selten wie möglich, sagt der Freund und ruft die jüngste ADAC-Studie auf dem Smartphone auf: Der Automobilclub hat das sogenannte „Ad-hoc-Laden“ entlang des Fernstraßennetzes getestet. Ergebnis: Fremdkunden bezahlen an den Säulen locker mal gut 60 Prozent mehr als Vertragskunden. Das ist ärgerlich vor allem auf Fernreisen. Das spitz gerechnete Gegenargument: Wer selbst keine Wallbox hat und in der eigenen Region lädt, kann mit kluger Vertragswahl ziemlich günstige Konditionen bekommen.
Technik, die manchmal gar nicht begeistert
Es könnte so einfach sein: Stecker rein, Strom fließt, fertig. Das klappt tatsächlich, wenn das E-Auto mit der modernen Säule des Ladestrom-Vertragspartners Daten austauschen kann. Davon schwärmt der eine, der sein Alltagsverhalten mit Einkaufen und Dienstfahrten optimal auf die Ladepunkte seines Anbieters abgestimmt hat. Laden an fremden Punkten wird hingegen schnell zum Geduldsspiel, ärgert sich ein anderer: App öffnen, Säule suchen, QR-Code scannen – oder schlimmer noch: Winzige Codes im Dunkeln entziffern. Wer Pech hat, kämpft mit vandalisierten Etiketten. Und auf dem Land vereitelt manchmal sogar eine dünne Bandbreite des Mobilfunknetzes das Anmelden an der Säule.
Ausbau mit Plan
Was bleibt als Fazit? Wer ein E-Auto hat, will es nicht mehr missen. Fürs öffentliche Laden ist ein weiterer Netzausbau sinnvoll: mit mehr Zuverlässigkeit und Preistransparenz, mehr Ladepunkten auch in ländlicher Gegend, mehr Schnellladesäulen an Fernstraßen, mehr Ladefarmen an Standorten, wo man die 30-minütige Wartezeit sinnvoll nutzen kann – zum Beispiel an Supermärkten. Damit würde Vorbehalte gegen die E-Mobilität deutlich sinken. Bis dahin: Einfach vorausschauend planen und vor allem auf Fernreisen rechtzeitig laden, rät die GTÜ. Die Pausen tun ja nicht nur dem Akkustand gut, betont die Prüforganisation, sondern auch dem Fahrer. Und davon profitiert die Verkehrssicherheit.