- 06. April 2022
- Sicherheit & Praxis
- Michael Petersen
Gut gebremst auf große Fahrt
Die meisten Caravans vertrauen auf eine Auflaufbremse. Die will gewartet und geprüft sein.
Beim unbedarften Zuschauer bleibt ein leichter Schreck nicht aus: Auf dem Hof der GTÜ-Prüfstelle Ingenieurbüro Heim bremst der schwere Kombi mit angehängtem Zwei-Tonnen-Caravan aus erhöhter Schrittgeschwindigkeit kräftig ab. Ein hartes, metallenes Geräusch im Bereich der Zugstange, und beide Hinterräder des Hängers blockieren. „Okay, passt“, ruft GTÜ-Prüfingenieur Frank Heim dem Fahrer zu. Dieser Wohnwagen hat nun auch den letzten Bremsentest im Rahmen einer Hauptuntersuchung (HU) bestanden. Der Funktionstest auf dem Bremsprüfstand war bereits in Ordnung, und so klebt nur wenig später die Plakette für zwei Jahre freie Fahrt bis April 2024 am Nummernschild.
Das Zugfahrzeug bremst – was macht der Anhänger?
Diese Prüfung zeigt eindrucksvoll die Funktion der Auflaufbremse. Sie sorgt dafür, dass ein Anhänger immer dann bremst, wenn das Zugfahrzeug abbremst. Wie das geht, ganz ohne Hydraulik? Ganz einfach: Verzögert das Zugfahrzeug, drückt der Trailer auf die Kupplungskugel. Dadurch wird eine eingebaute Zugstange zusammengeschoben, die über einen Umlenkmechanismus, Seilzüge und Spreizhebel letztlich die Bremsbacken in die Trommeln an beiden Rädern drücken. Wenn alles perfekt funktioniert, schiebt der Trailer beim Bremsen nicht, sondern trägt stets seinen Teil zur Temporeduzierung bei. Gibt es auch Scheibenbremsen am Wohnwagen? „Das macht wenig Sinn. Bei den üblichen Standzeiten über viele Monate im Jahr würden die Scheiben häufig rosten“, sagt Frank Heim.
Glas in der Trommel
Die Laufleistung dieser Freizeitmobile ist meist weitaus geringer als bei einem Pkw. Kommen abgefahrene Beläge überhaupt vor? „So gut wie nie“, erklärt der Prüfstellenleiter, „aber verglasen können die Beläge schon, dann müssen sie meist ausgetauscht werden.“ Verglasen bedeutet: Die Beläge sind irgendwann einmal sehr heiß geworden. Dann können aus den Belägen Gase und Harze austreten, die eine glasartige Schicht auf den Belägen hervorrufen. Mitunter führen auch Verschmutzungen zu dieser Reaktion. Von außen ist das nicht zu erkennen, aber der Fahrer merkt schon, wenn die Bremswirkung stark abnimmt und der Caravan ungewohnt kräftig schiebt. Ein Blick auf die noch vorhandene Belagstärke ist bei vielen Trommeln leicht möglich, wenn sie Gucklöcher an der Innenseite haben.
Bremsencheck leicht gemacht
Das Einstellen der Bremse oder Abnehmen der Bremstrommel für den Belagwechsel ist nicht jedermanns Sache – Fachwerkstätten sind für solche sicherheitsrelevanten Arbeiten die erste Wahl. Das heißt aber nicht, dass sich der eine oder andere Check nicht zuhause erledigen lässt. Die Tipps von GTÜ-Prüfingenieur Frank Heim für die Vorbereitung einer Hauptuntersuchung beim Caravan:
- Test der Bremswirkung: Im Stand die Handbremse des Caravans kräftig anziehen, dann ein vorsichtiger Anfahrversuch. Lässt sich der Wohnwagen nicht oder nur sehr schwer bewegen, ist das ein deutlicher Hinweis auf die grundsätzliche Funktion der Bremse. Ob eine Bremse mehr oder auch weniger einseitig zieht, lässt sich erst auf dem Bremsenprüfstand beispielsweise einer GTÜ-Prüfstelle genau überprüfen.
- Einfetten hält Seilzüge, Stangen und Gelenke der Bremsanlage leichtgängig.
- Sichtprüfung der Manschette in der Zugstange: Hat sie Risse? Dann austauschen.
- Ist das Abreißseil, das über die Kupplungskugel gelegt wird, einschließlich des Metallrings unbeschädigt?
- Ist das Stützrad unbeschädigt und läuft es leichtgängig?
- Erscheint der Leerweg der Auflaufbremse sehr groß, weist das auf eine unkorrekte Einstellung hin.
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