Wer hat eine Schraube locker?

Wir zeigen, auf was es beim sicheren Räderwechsel ankommt.

Nur für das Bild im Blog darf ein Rad so lose sein…

Wenige Wochen noch bis Ostern. Muss nun alles blitzschnell gehen beim Räderwechsel? In der Formel 1 brauchen Spitzenteams keine zwei Sekunden, um alle vier Räder des Rennwagens zu wechseln. Der Freizeitmechaniker hingegen muss keinen Rekord aufstellen. Beim Tausch der Winter- gegen die Sommerräder am eigenen Auto ist ein korrekter und sicherer Wechsel das Ziel. Die Experten der GTÜ raten, ein besonderes Augenmerk liegt auf die Radverschraubungen zu legen.

Mutter oder Schraube, eine Frage der Philosophie

Zunächst ein wenig Theorie: Verschraubungen stellen die kraftschlüssige Verbindung zwischen Rad (Felge) und Auto (Nabe) her. Es gibt Stehbolzen auf der Nabe, die eine Radmutter aufnehmen. Oder man dreht Radschrauben in Gewindebohrungen. Beide Versionen haben ihre Vorteile: Auf Stehbolzen lassen sich Felgen einfacher positionieren. Radschrauben ermöglichen eine größere Variantenbreite zugelassener Nachrüstfelgen. 

Auf das richtige Moment kommt es an

Ob Mutter oder Schraube: Beide müssen mit einem definierten Drehmoment festgezogen werden. Der korrekte Wert in Newtonmeter (Nm) findet sich in den Fahrzeugunterlagen oder bei Nachrüstfelgen im entsprechenden Gutachten. Das Drehmoment, physikalisch die Drehwirkung einer Kraft auf einen Körper, darf nicht zu klein sein – denn dann wäre die Verschraubung zu locker. Noch darf es zu groß sein, denn das kann das Gewinde beschädigen. Nur mit Hilfe eines Drehmomentschlüssels kann das exakte Drehmoment erzielt werden. Dieser sieht aus wie eine große Ratsche und besitzt auch einen Vierkant zur Aufnahme einer Stecknuss. Der zusätzliche Kniff ist die Einstellmöglichkeit des Drehmoments über einen Knauf hinten am Griff. Eine Skala zeigt den gewählten Wert.

Das Fett bleibt weg

Doch bevor der Drehmomentschlüssel zum Einsatz kommt, geht es erst einmal an den Radwechsel. Der Ablauf: Angezogene Handbremse, eingelegter Gang und Unterlegkeil sichern das Auto. Die Verschraubungen der Winterräder mit einem passenden Schlüssel zunächst nur lösen – nicht herausdrehen. Jetzt das Auto mit dem Wagenheber anheben. Zum Herausdrehen der Muttern oder Schrauben braucht es dann nicht viel Kraft, das kann mit Steckschlüssel, Ratsche oder Akkuschrauber geschehen. Die Verbinder zur Seite legen und das Winterrad abnehmen. Die bereits einer Sichtprüfung unterzogenen Sommerräder stehen schon bereit. Kurz kontrolliert: Wie sehen die Kontaktflächen an Felge und Nabe aus? Welchen Eindruck machen die Gewinde? Eine vorsichtige Reinigung mit einer Bürste lohnt sich. Auf keinen Fall die Gewinde fetten. Denn das Schmiermittel würde durch die hohen Bremstemperaturen verbrennen und die Schraubverbindung erst recht verbacken.

Handarbeit vs. Schlagschrauber

Jetzt das Rad aufsetzen und Muttern auf die Stehbolzen oder Radschrauben eindrehen, bis die Verbindung locker geschlossen ist. Dabei immer im Blick: Sitzt das Rad zentriert? Greifen die Gewinde leichtgängig ineinander? Wer von Hand arbeitet, hat das im Gefühl. Ein Ratschenhandgriff erleichtert es, die vielen Verschraubungen an allen Rädern zu absolvieren. Ein neidvoller Blick zur oben erwähnten Formel 1, dort kommen sündhaft teure Spezialschlagschrauber zum Einsatz.

Über Kreuz oder sternförmig

Sind die Verschraubungen locker angezogen, wird der Wagenheber wieder abgelassen. Nun die Verbindungen auf die korrekte Weise festziehen, um die Felge gleichmäßig bündig auf die Nabe zu pressen: in sternförmiger Reihenfolge bei fünf Verschraubungen und über Kreuz bei vier Verschraubungen. Dabei wird klar, weshalb der Drehmomentschlüssel auch als Messwerkzeug gilt: Sobald der gewählte Wert von beispielsweise 110 Newtonmetern erreicht ist, löst die Mechanik mit vernehmlichem Knacken aus.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Wenn alle Radmuttern montiert und festgezogen sind, den Luftdruck der Reifen prüfen. Jetzt kann der Sommer kommen. Als Faustregel in vielen Werkstätten gilt, die Verschraubungen nach einer Fahrstrecke von 50 bis 100 Kilometern noch einmal zu kontrollieren. Rein rechtlich ist der Autofahrer nicht dazu gezwungen, aber die persönliche Sicherheit sollte über der juristischen Bewertung stehen. Deshalb bitte den korrekten Sitz der Schrauben nach der empfohlenen Strecke überprüfen!