Schild-Bürger aller Länder

Über die besondere Bedeutung mancher Autokennzeichen

Alle Farben, alle Formen, viele Zahlen: der bunte Schilderwald (Foto: fotoyou – stock.adobe.com)

Es soll Menschen geben, denen das Autokennzeichen mindestens so wichtig ist wie der Vorname. Ähnlich wie bei der Kindstaufe überlegen sie lange, welche Buchstabenkombination es denn sein soll. Bei 800 Regionalkürzeln für Städte und Kreise in Deutschland gibt es da durchaus reizvolle Kombinationen, es lassen sich sogar ganze Wortfamilien damit bilden und Sätze schreiben. Schöne Beispiele sind: WI-TZ aus Wiesbaden, GA-GA aus Sachsen-Anhalt oder KA-FF aus Karlsruhe. Aus Bielefeld kommt demnach das BI-ER, aus Kiel der KI-NG. Und wer in Hof möchte nicht gern HO-T sein? Aber Schildbürger gibt es in unterschiedlicher Ausprägung überall auf der Welt. 

Die richtige Nummer für die richtige Spur

Um dem chaotischen Verkehr in der indonesischen Hauptstadt Jakarta Herr zu werden, hatte die Regierung zunächst Sonderspuren eingerichtet für Autos, die mit mindestens drei Personen besetzt waren. Doch findige Pendler, die lieber allein unterwegs sein wollten, hatten Puppen auf die Rücksitze gesetzt – was schwer zu kontrollieren war. Deshalb dürfen die Express-Fahrbahnen nun von Tag zu Tag wechselnd von Fahrzeugen mit geraden oder ungeraden Nummern benutzt werden. Das entlastet zumindest die anderen Spuren etwas.

Heute darf nur Gerade tanken!

Das, was die Indonesier ganjil-genap nennen, hat während des Irak-Kriegs und der daraus folgenden Ölknappheit seinen Ursprung in den USA, dort odd/even rationing genannt – je nachdem, welcher Wochentag war, durften die mit geraden oder die mit einer ungeraden letzten Ziffer auf dem Nummernschild an die Tankstelle fahren. Eine Regel übrigens, die nicht für den Sprit erfunden worden war – in Zeichen der Wasserknappheit hatten ursprünglich nach dem gleichen Prinzip die Hausnummern darüber entschieden, wer seinen Rasen sprengen durfte und wer nicht. Manchmal wird die Regel auch nach Wirbelstürmen oder am Thanksgiving-Wochenende angewendet, wenn Millionen US-Amerikaner mit dem Auto über Land unterwegs sind. Die Vorschrift gilt dann auch für die Besitzer digitaler Nummernschilder, die in einigen Bundesstaaten wie Arizona, Kalifornien oder Michigan bereits erlaubt sind – umprogrammieren gilt nicht!

Von Nullen und Buchstaben

Wie gut, dass sich die Zahlen gleichmäßig in zwei Blöcke teilen lassen, – 0, 2, 4, 6, 8 und 1, 3, 5, 7, 9. Andernfalls würden sich wohl Bürgerinitiativen dagegen bilden. Als das System anfänglich in Paris ausprobiert wurde, kassierte die Polizei viele Sünder, die mit einer Null am falschen Tag unterwegs waren. Sie behaupteten zum Teil überzeugend, nicht zu wissen, dass „zéro“ zu den geraden Zahlen gehört…
In den USA und anderen Ländern wie Belgien oder Österreich, wo auch so genannte „vanity plates“ erlaubt sind, die nur aus Buchstaben bestehen, gilt die Regel: Buchstaben sind grundsätzlich als gerade zu werten. (Da kennen sie die Handschrift des Kolumnisten allerdings schlecht.) An der italienischen Amalfiküste gilt das System übrigens auch, um der Urlauberflut auf der beliebten Küstenstraße Herr zu werden. Und Chinas Megametropolen wird auf ähnliche Weise versucht, die Luftverschmutzung wenigstens etwas zu minimieren – die Autos dürfen nur noch abwechselnd stinken.

Das Leben mit diesem Pick-Up scheint besonders „easy“. (Foto: Jerry B. Shore)

Echtes Nummernkonto in der Schweiz

In der Schweiz ist zwar das Tempo auf den Autobahnen generell begrenzt, aber es geht tatsächlich noch etwas teurer als die schon happigen Bußgeldbescheide für alle jenseits der 120 km/h. Um das Nummernschild „VS 1″ im Kanton Wallis zu erwerben, hat ein Schweizer knapp 150.000 Euro bezahlt, vielleicht ein Vielfaches des Fahrzeugwertes. In Zürich, wo das Kennzeichen Kontrollschild heißt, wurde im letzten Herbst die niedrigste freie Nummer (ZH 100) für 226.000 Franken versteigert. Generell werden bei den Eidgenossen besonders begehrte Kombinationen per Onlineauktion versteigert, für viele Städte und Kantone ein netter Nebenerwerb.

Deutschland unterbietet Dubai deutlich

Natürlich lässt sich alles noch toppen und wo schon anders als in Dubai, wo Gold und Geld keine Rolle spielen dürfen. Im arabischen Emirat wollte der indische Besitzer einer Immobilienagentur unbedingt die Ziffer fünf sein Eigen nennen – bezahlen musste er dafür acht: acht Millionen Euro. Insgesamt hat der Mann bereits zehn besondere Nummernschilder. Vielleicht sollten deutsche Autofahrer ausnahmsweise den Zulassungsstellen mal dankbar sein – denn Wunschkennzeichen werden hierzulande in der Regel nur mit Gebühren im zweistelligen Bereich belegt.