Sicherheit als Familiensache

Der Service für Verkehrssicherheit liegt bei Anna und Julia Rink in der Familie: Die Zwillingsschwestern führen die von ihren Eltern aufgebaute GTÜ-Prüfstelle gemeinsam in die Zukunft.

Ein Beruf mit Praxis und Vielfalt

Plötzlich Prüfingenieurin? Nein, Anna und Julia Rink sind mit der GTÜ-Prüfstelle in Lohra nahe Marburg aufgewachsen. Ihr Vater Hermann Georg Rink wurde ab 1983 als freiberuflicher Kraftfahrzeugsachverständiger Vertragspartner der GTÜ und setzte sich intensiv dafür ein, dass das Monopol für die Hauptuntersuchung fällt. 1991 führte er im eigenen Ingenieurbüro in Lohra erstmals selbst eine HU aus – und zahlreiche weitere folgten.

Den Prüfbetrieb kennen die Zwillingsschwestern seit ihrer Kindheit. Er lief lange Zeit parallel zum Omnibusunternehmen der Familie, vom Großvater der heutigen Chefinnen gegründet und 2005 eingestellt. „Wir haben die Entwicklung der GTÜ-Prüfstelle von klein auf miterlebt und sind früh mit Fahrzeugen aller Art in Kontakt gekommen. In den Schulferien und in der Freizeit waren wir oft im Betrieb und der Werkstatt, haben geholfen und interessiert zugeschaut“, erzählt Julia Rink.

Der Weg zur Ingenieurin

Die grundsätzliche Begeisterung für das Arbeitsfeld war also da. Aber auch der konkrete Berufswunsch? „Nein, nach dem Abitur wussten wir beide erst einmal nur, dass wir einen abwechslungsreichen Beruf auch mit praktischen Aufgaben wollen, keinen eintönigen Bürojob“, erinnert sich Anna Rink. „Aber was genau wir jeweils einmal arbeiten würden, das war uns am Ende der Schulzeit noch nicht klar.“

Praxis plus Vielfalt? Anna und Julia Rink entschieden sich für das duale Bachelorstudium Maschinenbau an der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) in Wetzlar – „StudiumPlus“, ein Studium mit Praxiserfahrung in einem Partnerunternehmen. „Dieses war damals die GTÜ“, lacht Julia Rink über diese frühe Weichenstellung in der Berufsbiografie.

Zwei Frauen im Prüfingenieursjahrgang

War es eine schwierige Entscheidung, in die angebliche Männerdomäne Maschinenbau einzudringen? Nein, sagen die Zwillingsschwestern: „In unserer Altersstufe war es nicht mehr ungewöhnlich, Ingenieurin zu werden. Wir waren im Bachelorstudium 26 Leute im Jahrgang, davon sieben Frauen.“

Damals reifte die Entscheidung, die Prüfstelle gemeinsam zu übernehmen. Nach dem Abschluss begannen Anna und Julia Rink daher mit der Qualifikation zur Prüfingenieurin bei der GTÜ in Michelstadt. „Da waren wir dann tatsächlich die beiden einzigen Frauen in der 23-köpfigen Gruppe“, erinnert sich Julia Rink.

Es ging weiter Schlag auf Schlag: Mit 23 Jahren, dem Mindestalter, erhielten die jungen Frauen im Juli 2014 die Anerkennung zur Prüfingenieurin und traten in die Prüfstelle der Familie ein. Es folgte ein berufsbegleitendes Masterstudium in Wirtschaftsingenieurwesen an der THM Standort Friedberg, die Ausbildung zur Unterschriftsberechtigten und schließlich schrittweise die gemeinsame Übernahme der Verantwortung im Familienbetrieb mit zwei angestellten Mitarbeitern und drei Prüfstraßen: Seit 1. Januar 2025 sind die Zwillingsschwestern die Chefinnen.

Der Mensch hinter dem Fahrzeug – Wertschätzung für die Kunden

Die verlässliche Hauptuntersuchung als wichtigste Dienstleistung steht für Anna und Julia Rink im Vordergrund als Chefinnen der GTÜ-Prüfstelle. Aber es geht für die beiden 1990 geborenen Frauen (Julia Rink: „im selben Jahr, als das Prüfmonopol fiel!“) in der Rolle der Unternehmerinnen um noch viel mehr. „Wir prüfen Fahrzeuge, aber hinter jedem Fahrzeug steht ein Mensch mit seiner ganz eigenen Geschichte – der persönlichen und der zu seinem Fahrzeug“, sagt Anna Rink. Wertschätzung gegenüber den Kunden, transparente Kommunikation rund um alle Dienstleistungen und Prüfergebnisse, dazu Flexibilität und ausreichende Personalkapazität auch für HU-Prüfungen ohne Voranmeldung sind wichtige Aspekte der Prüfingenieurstätigkeit.

„Das alles schafft Vertrauen, baut die Nervosität in einer Prüfungssituation ab und sorgt für eine Atmosphäre, in der sich die Menschen wohlfühlen. Bei den Kunden kommt das sehr gut an“, sagt Anna Rink.  Die Haltung des Familienbetriebs zahlt sich aus: Viele Autofahrer aus Lohra und der Region kommen schon in der zweiten Generation zur HU an die Prüfstelle.

Die Schwerpunkte von der Buchhaltung bis zur Wartung der Prüfmittel teilen sich die Schwestern auf und setzen so ihre individuellen Schwerpunkte. „Für uns zählen vor allem der persönliche Kontakt und der Austausch mit den Kunden und die abwechslungsreiche Tätigkeit“, sagt Julia Rink. „Fachkompetenz, Kommunikationsfähigkeit und Freundlichkeit,“ zählt Anna Rink als wichtige persönliche Stärken für die Arbeit in der eigenen Prüfstelle auf, neben den schon genannten Punkten wie Flexibilität und Personalkapazität.

Anna und Julia Rink sehen Potenzial für mehr Frauen in ihrem Beruf. Respekt haben die beiden vor jungen Prüfingenieurinnen, die sich ihren Betrieb komplett neu aufbauen. Die Prüfstelle der Familie als Unternehmensnachfolge in die Zukunft zu führen sei eine echte Chance gewesen. Als Chefinnen setzen die Schwestern seither erfolgreich eigene Schwerpunkte. Und sie zeigen dabei, dass die Prüftätigkeit längst keine Männerdomäne mehr ist – sondern ein spannendes Berufsfeld für alle Menschen mit Leidenschaft für Sicherheit in der Technik.

Alarm bei Eis und Schnee: Winterdienst in Wiesbaden

Vom Rheinufer bis hinauf in den Taunus, von der Citylage bis zu ländlichen Stadtteilen: Die hessische Landeshauptstadt hat eine sehr vielfältige Topografie. Ein Blick auf dieses Beispiel für anspruchsvollen Winterdienst bei Glätte und Schnee.

Mitten in der Nacht, das Thermometer zeigt drei Striche unter dem Gefrierpunkt. Bleischwer liegt die Dunkelheit über dem Land, durchtanzt von den ersten Schneeflocken des Jahres. Keine schöne Zeit, um auf der Straße unterwegs zu sein. Doch auf dem Betriebshof der Entsorgungsbetriebe der Landeshauptstadt Wiesbaden – kurz ELW – herrscht Hochbetrieb. Die Organisation ist für den Winterdienst in der Großstadt an Rhein und Main zuständig. Tagsüber haben die schweren, orangefarbenen Lastwagen noch wie schlafende Riesen in der großen Fahrzeughalle geparkt. Jetzt rücken sie aus im zuckenden Gelb ihrer Rundumkennleuchten und gehen auf präzise festgelegte Touren. Die Mission: Gefährliche Glätte reduzieren, wenn Feuchtigkeit und Minustemperaturen zusammentreffen.

Knapp 300.000 Einwohner, gut 20.350 Hektar Stadtgebiet und 467 Kilometer Hauptverkehrswege: Das umreißt bereits die Herausforderung für den Winterdienst. Hinzu kommt die Topografie. Denn neben der Innenstadt und den dicht bebauten Vierteln auf Höhe des Rheins gibt es auch die ländlichen Stadtteile am Taunushang.

„Geräumt wird, bis der letzte Linienbus gefahren ist“

Die wichtigen Straßen sollen zwischen 7 und 22 Uhr so gut wie möglich gestreut und geräumt sein. In der Praxis gilt jedoch die Maxime: „Vor dem Berufsverkehr sollen die Straßen befahrbar sein. Und geräumt wird, bis der letzte Linienbus gefahren ist.“ Heißt für die Einsatzkräfte der ELW: Ihr Alarm wird schon in der Nacht ausgelöst, und die zweite Schicht fährt bis spät in den Abend hinein. Wobei es zum Glück selten ein echter Alarm ist, wenn Eis und Schnee den Straßenverkehr beeinträchtigen. Denn dank verlässlicher Wetterprognosen lassen sich viele Einsätze und damit die Dienstpläne bereits vorausplanen. Elf schwere Streufahrzeuge und neun kleinere rücken in Wiesbaden als erstes aus und kümmern sich zunächst um die wichtigsten Hauptstraßen. Danach sind wegen der beschriebenen Lage zwischen Fluss und Mittelgebirge 18 sogenannte Steilstrecken an der Reihe. Aber auch Fußgängerzonen, zentrale Bushaltestellen und ein Teil des Radwegenetzes werden geräumt – ebenso wie außerhalb liegender Vororte.

Knapp 170 der rund 900 ELW-Mitarbeiter sind im Winterdienst eingebunden. Auf meteorologische Vorhersagen und auf Messergebnisse fest installierter Sensorik verlassen sich auch die Winterdienste der übergeordneten Infrastrukturen, bis hin zum mehr als 13.000 Kilometer langen Netz der deutschen Bundesautobahnen.

Mit Mechanik und Salz gegen Schnee und Eis

Bei Schneefall kommen die schweren Schilde und die Rotationsbürsten an der Front zum Einsatz – für das mechanische Räumen. Gegen Glätte durch gefrierende Nässe hingegen hilft Salz. Das chemische Auftaumittel wird grundsätzlich gestreut – auch nach einem Räumeinsatz. Die entsprechende Technik wurde vor rund 90 Jahren erfunden und seither immer wieder verbessert. Heute passen die Streuteller ihren Auswurf der Fahrgeschwindigkeit, der Straßenbreite und dem Fahrbahnzustand an. Außerdem wird kein reines Salzgranulat mehr ausgebracht, sondern fast ausschließlich Feuchtsalz – eine Mischung als Salz und Sole.

Salzvorräte für Extremwinter

Für den Winterdienst wird in Deutschland vor allem Natriumchlorid verwendet – das auch im Haushalt übliche Kochsalz. Dazu kommen Calcium-, Magnesium- und Kaliumchlorid. Auf diese Mittel greift man auch in Wiesbaden zurück: Sole mischt die ELW aus Magnesiumchlorid, die fertige Flüssigkeit wird in großen Tanks vorgehalten. Als Granulat kommt Natriumchlorid zum Einsatz. Es lagert als Halde in einem hölzernen Vorratsgebäude, Radlader füllen es in die Lastwagen. Am reichlichen Vorrat soll der Winterdienst nicht scheitern: Rund 4.500 Tonnen Salz hat Wiesbaden bis Saisonbeginn Anfang November gebunkert. Nach langjähriger Erfahrung werden nur durchschnittlich 500 bis 2.500 Tonnen pro Winter benötigt.

Alle Salze bilden eine Lösung mit dem Eis oder Wasser auf der Straße und reduzieren dessen Gefrierpunkt. Das kann die gefährliche Glätte verringern oder ihr vorbeugen. Diese präventive Behandlung von Straßen ist besonders effizient – auch was den Salzverbrauch angeht. Denn im besten Fall kommt man hier mit fünf Gramm Salz auf einen Quadratmeter aus, das entspricht in etwa der Menge von Haushaltssalz, die in einen Teelöffel passt.

So kann jeder zur Verkehrssicherheit im Winter beitragen

Was Autofahrer und andere Verkehrsteilnehmer dazu beitragen können, dass der Winterdienst erfolgreich läuft? Die GTÜ Gesellschaft für Technische Überwachung mbH mahnt insbesondere zu besonders vorausschauendem Fahren bei winterlichen Straßenverhältnissen. Denn Bremswege sind deutlich länger, und es besteht Schleudergefahr. Unbedingt soll außerdem die Winterreifenpflicht eingehalten werden. Schließlich gilt: Rücksicht nehmen auf Streu- und Räumfahrzeuge, den Experten gegen Glätte Vorfahrt gewähren und Abstand halten. Denn wer den Straßendiensten die Arbeit erleichtert, der trägt für alle zu Verkehrssicherheit im Winter bei.

Feuchtsalz und Sole

Unter den Begriff Feuchtsalz fallen verschiedene Streumittel. Das Kürzel FS 30 beispielsweise bezeichnet eine Mischung aus 70 Prozent Salzgranulat und 30 Prozent Sole. Beide Bestandteile werden auf dem Fahrzeug in getrennten Tanks mitgeführt und erst kurz vor dem Ausbringen gemischt. Als Goldstandard zur Glätteprävention gilt in Deutschland das Ausbringen von FS 100. Damit wird reine Sole bezeichnet. Sie haftet besonders gut auf der Straße und wird durch Luftbewegungen kaum verweht. Für Autobahnen sind innovative Winterdienstfahrzeuge in Erprobung, die ausschließlich Sole sprühen. Ein Prototyp besteht aus einer batterieelektrischen Sattelzugmaschine mit Tankauflieger samt Sprühanlage.

Hauptuntersuchung für Feuerwehr und Co.

Sonderfahrzeuge von Helfern und Rettern sorgen für Sicherheit. Damit sie selbst auch verkehrssicher im Einsatz sind, erhalten sie regelmäßig eine Hauptuntersuchung.

Fährt die Feuerwehr aufs Gelände einer GTÜ-Prüfstelle, ist das normalerweise kein Einsatz für die Brandschützer. Vielmehr müssen Löschfahrzeuge regelmäßig zur Hauptuntersuchung, so wie andere Sonderfahrzeuge auch. Von Feuerwehrauto über Müllsammelwagen bis zum Mobilkran: Viele Sonderfahrzeuge beeindrucken durch ihre Funktionalität und Größe. Doch nicht diese aufwendigen Anlagen werden bei der Hauptuntersuchung (HU) von den Prüfingenieuren kontrolliert, sondern die Verkehrssicherheit. „Geprüft werden Sonderfahrzeuge nach den gängigen Vorgaben für die Hauptuntersuchung“, erklärt Marc Zentgraf, Referent der GTÜ-Akademie und seit einem Jahr Leiter der Fachgruppe Nutzfahrzeuge.

Faszinierende Vielfalt Sonderfahrzeuge

Was genau sind eigentlich Sonderfahrzeuge? Die Bandbreite dieser Nutzfahrzeuge mit Spezialaufbau ist groß. Das Statistische Amt der Europäischen Union nennt als Beispiele Großfahrzeuge von Feuerwehr und Katastrophenschutz, Mobilkrane, selbstfahrende Straßenwalzen und Baumaschinen sowie Abschleppwagen. Aber auch fahrende Büchereien und Übertragungswagen für Radio und Fernsehen gehören dazu. „Die Hauptuntersuchung trägt maßgeblich dazu bei, dass die Fahrzeuge im Verkehr sicher sind“, sagt Prüfingenieur Achim Jennen, seit 2000 hauptberuflicher Referent der GTÜ-Akademie. Für die Arbeitssicherheit der Spezialtechnik hingegen gibt es andere Prüfungen, zum Beispiel nach Unfallverhütungsvorschrift.

Bremsen, Lenkung und mehr

Und so läuft die HU bei Sonderfahrzeugen ab: Die Prüfingenieure kontrollieren die sicherheitsrelevanten Anlagen und Komponenten. Dazu gehören beispielsweise Bremsen, Lenkung, Fahrwerk und Beleuchtung, Elektrik und Assistenzsysteme für die Sicherheit. Von den Spezialkomponenten fallen einige Bestandteile ebenfalls unter die HU, ein Beispiel dafür sind die gelben oder blauen Rundumkennleuchten. Eine besondere Herausforderung sind sehr große Sonderfahrzeuge, etwa mehrachsige Mobilkrane. Denn ihre Bremsen können nicht auf herkömmlichen Rollenbremsprüfständen kontrolliert werden. Stattdessen wird das Fahrzeug an den HU-Adapter angeschlossen und eine echte Prüfbremsung aus flotter Fahrt ausgeführt.

Besondere Fristen für die Feuerwehr

Die HU-Fristen für Sonderfahrzeugen folgen den allgemeinen Vorgaben. Fahrzeuge über 3,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht müssen alle 24 Monate zur ersten HU, ab dem sechsten Jahr dann jährlich. Fahrzeuge über 7,5 Tonnen müssen ab der Zulassung jährlich zur HU. Dazu kommen die Sicherheitsprüfungen (SP). Sie sind bei über 3,5 Tonnen ab 42 Monate nach der Erstzulassung und bei über 12 Tonnen ab 30 Monate nach der Erstzulassung vorgeschrieben. Wiederholt werden sie im Abstand von sechs Monaten. Doch es gibt Ausnahmen von dieser Regelung. So haben die meisten deutschen Bundeslänger abweichende Vorschriften für Feuerwehrfahrzeuge erlassen. Grund dafür sind die üblicherweise geringen Laufleistungen der Spezialfahrzeuge. In Hessen etwa kommt die Feuerwehr im jährlichen Wechsel zu HU und SP.