Preise im Sinkflug und hochgelegte Sprinter: Das sind die Trends der CMT in Stuttgart

Die Stimmung in der Caravaning-Branche war schon mal ausgelassener, nach Jahren des Booms hat sich die Nachfrage abgekühlt. Jetzt müssen es Rabatte richten: Auf der Stuttgarter CMT, einer der größten Urlaubs- und Freizeitmessen der Welt, schlägt bis zum 26. Januar die Stunde der Schnäppchenjäger.

Über 70.000 Besucher am ersten Wochenende, viele davon mit ernstem Kaufinteresse. Foto: Christian Steiger

Volle Höfe statt langer Lieferzeiten

Die wichtigste Neuheit der CMT ist, dass es diesmal kaum wichtige Neuheiten gibt. Sicher, ein paar neue Modelle und Grundrisse sind dabei. Doch sie gehen unter zwischen den vielen Plakaten und Displays, die auf Preisnachlässe und Sondermodelle aufmerksam machen. Und deshalb ist es für die Kaufinteressenten doch wieder spannend: Denn nicht nur die langen Lieferfristen der Corona-Jahre sind Geschichte, sondern auch das mitleidige Lächeln der Verkäufer, wenn es um Rabatte geht.

Rabatte bis in den Sommer

Es ist kein Geheimnis: Die Höfe der Händler stehen voll, denn viele Hersteller haben auf Halde produziert, als wäre das ewige Wachstum so sicher wie der nächste Ferienbeginn. Blöd nur, dass gestiegene Preise, höhere Zinsen und Zukunftsangst die Kauflust dämpfen. „Im Moment geht es nicht ohne Rabatte. Nirgendwo“, sagt der Vertriebsmanager eines großen Herstellers. „Normalität tritt erst ein, wenn wir die Bestandsfahrzeuge los sind. Aber das wird mindestens bis zum Sommer dauern.“

Schnäppchen-Alarm: Bei manchen Händlern stehen noch Neufahrzeuge von 2023. Foto: Christian Steiger

70.000 Besucher am ersten Wochenende

Neue Modellreihen würden den großen Abverkauf nur stören. Deshalb staunt kein Insider darüber, dass der börsennotierte Branchenriese Knaus Tabbert die zur CMT angekündigte Lifestyle-Marke Xperian erstmal auf Eis gelegt hat. Statt des neuen Labels müssen es die Editionsmodelle richten. Über 18.000 Euro Ersparnis verspricht Knaus beim Wave 700 LX Platinum Edition, einem üppig ausgestatteten Teilintegrierten auf Fiat-Ducato-Basis. Und wer auf der CMT die Dometic-Dachklimaanlage mitbestellt, bekommt sie zum halben Preis. Macht zusammen fast 20.000 Euro Preisvorteil gegenüber dem vergleichbaren, aber individuell konfigurierten Modell – womit der Preis wieder auf dem Niveau von 2022 angekommen ist. Das ist ein Wort, denn dazwischen lagen gleich mehrere Erhöhungen, die viele Kaufpläne platzen ließen. Die Käufer haben das anscheinend verstanden, denn das Gedrängel auf der CMT ist am ersten Messetag mindestens so groß wie in den Jahren des Booms. Über 70.000 Besucher sind es am ersten Wochenende – was die Messe Stuttgart als „hervorragenden Auftakt“ mit „überwältigender Stimmung“ verbucht.

Nicht zu viel versprochen: Die Caravaning-Branche lässt mit sich handeln wie seit Jahren nicht mehr
Foto: Christian Steiger

Selbst Neuwagen von 2023 sind noch da

Mit 20.000 Euro Rabatt ist Knaus Tabbert nicht alleine, selbst bei einem Kastenwagen wie dem Hobby Maxia Van ist auf der CMT ein Nachlass im Gegenwert eines neuen Kleinwagens drin. Bei Bürstner steht der neue Lyseo Skyline Edition, ein Teilintegrierter auf Ducato-Basis, der mit seinem Aktionspreis von 69.990 Euro nicht teurer als viele Campervans. Extras wie das Automatikgetriebe, ein Multimedia-System und sogar Lederpolster sind trotzdem serienmäßig an Bord.

Der Sprinter kraxelt der Krise davon

Doch nicht überall tobt auf der CMT die Rabattschlacht. Zumindest die boomende Klasse der Allrad-Reisemobile scheint noch wachstumsfähig zu sein, wie die große Anzahl der höhergelegten Mercedes Sprinter zeigt. Von günstig spricht in dieser Marktnische keiner: Nur der bayrische Kastenwagen-Spezialist Pössl schafft es, seinen Roadstar X zum Basispreis von knapp unter 100.000 Euro anzubieten. Der Weinsberg X-Pedition dagegen ist als Allradler nicht unter 125.000 Euro zu haben, obwohl er von der Einsteigermarke des Knaus-Tabbert-Konzerns stammt. Der Eura Xtura kostet sogar 144.000 Euro, allerdings bietet er dafür das üppigere Raumangebot eines Teilintegrierten und ein aufwendiges Autarkiepaket, zu dem eine mächtige 330-Ah-Lithium-Bordbatterie gehört.

Die Manufaktur-Marke Star Van bietet den Sprinter mit ausfahrbarer Heckverlängerung an. Foto: Christian Steiger

Aufstelldach oder Heckverlängerung?

Auch die slowenische Marke Adria hat neuerdings einen Allrad-Sprinter, einen der wenigen, die sich mit Aufstelldach bestellen lassen. Das besondere Kennzeichen des Malibu Genius Performance ist dagegen eine 48-Zentimeter-Heckverlängerung aus GFK. Und der Star Van All Terrain Cruiser, ein Manufaktur-Produkt aus Norddeutschland, bietet zum Preis von 159.900 Euro ein elektrisch ausfahrbares Heck, das den Wohnraum um 1,20 Meter verlängert. Für Wintercamper soll der patentierte Slide-out demnächst mit Dachheizung erhältlich sein. Wer behauptet, er habe in der Camping-Branche schon alles gesehen, hat nicht mit der Kreativität der Kleinserien-Produzenten gerechnet.

Der Adria Supertwin 4×4 gehört zu den wenigen Allrad-Sprintern mit optionalem Aufstelldach
Foto: Christian Steiger

Weltpremiere: Ducato mit elektrischer Hinterachse

Zu den wenigen Weltneuheiten der CMT gehört der Electrix der französischen Marke Challenger. Zwar trägt das Ausstellungsstück noch einen Aufkleber mit dem Hinweis „PROTOTYPE“, doch bestellen lässt sich der Plug-in-Hybrid schon – und bereits im Herbst könnten, so der Hersteller, die ersten Camper mit dem Electrix unterwegs sein. Zum gewohnten Turbodiesel des Fiat Ducato mit 140 oder 180 PS Leistung kommen zwei elektrische Radnabenmotoren an der Hinterachse, die 122 PS leisten und 1400 Newtonmeter Drehmoment stemmen. Bis zu 100 Kilometer weit soll der schlanke Teilintegrierte im E-Modus kommen – und trotz des Batteriepakets am Unterboden nicht mehr als 3011 Kilogramm wiegen. Zu den Schnäppchen der CMT gehört der Electrix allerdings nicht: Er kostet mindestens 99.990 Euro. Ob ein kleiner Nachlass drin ist?

Challenger macht den Ducato zum Plug-In-Hybrid mit bis zu 100 km elektrischer Reichweite
Foto: Christian Steiger

Der Twingo treibt es ganz schön bunt

Die Gebrauchten von heute sind die Sammlerstücke von morgen. Dafür braucht es weder Luxus noch Leistung – und selbst eine massenhafte Verbreitung steht der Karriere als Klassiker nicht im Weg. Der Renault Twingo beweist es, seine Preise steigen schon. Doch es ist nicht alleine der Zustand, der die Sammler interessiert: Ein möglichst frühes Exemplar muss es sein. Und auch die Farbe muss stimmen.

Auch die Pop-Art-Farben machen den frühen Twingo zum Kultauto. Für 450 Mark Aufpreis gibt es 1993 gedecktere Metallictöne, doch die sind heute nicht besonders gefragt. Foto: Renault

Rendite auf Rädern

Der Marktwert des Twingo sinkt nicht mehr, sondern zieht spürbar an. So hat es vor Jahren auch mal beim 2 CV von Citroën begonnen, beim Fiat 500, dem Renault 4 und den späten Käfern, die heute längst teuer geworden sind. Das Fachmagazin „Motor Klassik“ erklärte den Twingo im vergangenen Jahr sogar zum „Renditestar der Klassikerszene“, weil sich der Preis guter Exemplare innerhalb eines Jahres von 1200 auf 3500 Euro verdreifacht hat. Okay, viel Geld ist das immer noch nicht, was den Einstieg nach wie vor reizvoll macht. Liebhaber fahnden schon nach den besten Stücken.

Das Erfolgsrezept: niedlich, aber nützlich

Auf den ersten Blick ist der Twingo-Boom erstaunlich, weil der kulleräugige Kleine noch immer zum Straßenbild gehört. Fast 2,5 Millionen Exemplare hat Renault von 1993 bis 2007 ins Flins-sur-Seine bei Paris gebaut, jeder fünfte davon ging nach Deutschland. Ein Riesenerfolg, den der Twingo nicht nur der Niedlichkeit seines Designs verdankte, sondern auch dem variablen Innenraum mit seiner verschieb- und verstellbaren Rückbank. Durch die Sitzposition hinter der großen Frontscheibe wähnte man sich hinter dem Steuer des 3,43-Meter-Minis wie ein Lokführer im ICE.  An späten Exemplaren fehlt es im heutigen Angebot der großen Online-Börsen nicht, „doch wenn ich einen frühen Twingo suche, dann finde ich keinen mehr. Die sind alle weg“, sagt Jens Seltrecht aus Hamburg, der in seiner „Garage 11“ mit Klassikern handelt und zu den Gründern des Youngtimer-Podcasts „Future Classics“ gehört. Doch nur die raren Ur-Twingo sind es, die Sammler im Moment interessieren.

Mit seinem kurzen Bug und dem steilen Heck wirkt der Twingo wie ein geschrumpfter Renault Espace. „Das Raumgefühl entspricht einem Mittelklasseauto“, schreibt „auto motor und sport“ 1992 im ersten Test.
Foto: Renault

Es geht vor allem um die Farbe

„Er braucht eine richtige Farbe und die mintgrünen Akzente des frühen Innenraums“, bestätigt Twingo-Liebhaber Lukas Hambrecht. Tatsächlich sind es neben dem niedlichen Scheinwerferblick und dem typischen Steilheck auch die poppigen Lacktöne wie Indischgelb, Ozeanblau, Korallenrot oder Schilfgrün, die den Ur-Twingo bis heute von ihren Wettbewerbern abheben. Die eher gedeckten Metallictöne Amethyst, Schwarz und Perlmuttrot sind dagegen nicht allzu gefragt – wohl aber das frühe Cockpit, das Fans wie Jens Seltrecht schon beim Neuwagen der Neunziger entzückte. „Mintgrüne Innenraum-Applikationen und frühes Lenkrad ohne Airbag, das ist der wahre Twingo“, schwärmt er. Der 55-PS-Motor liefert dazu einen beruhigenden Soundtrack.

Der Teddybären-Blick macht den Twingo zum Gesicht in der Menge, die meisten Wettbewerber tragen damals Scheinwerfer im Glasbaustein-Design. Das große Faltdach ist heute das gesuchteste Extra.
Foto: Renault

Die Frage nach dem Airbag

Das Airbag-Lenkrad, dessen unförmiges Design die heutigen Puristen ablehnen, kam schon im Herbst 1994 ins Spiel. Zwei Jahre später löste ein neuer Motor mit obenliegender Nockenwelle das alte Aggregat mit der Stoßstangen-Steuerung ab, das noch auf den seligen R5 der siebziger Jahre zurück ging. Und das Einheitsgrau des modernisierten Cockpits, das zur ersten großen Modellpflege von 1998 gehört, mögen die Fans von heute ebenso wenig wie die lackierten Stoßstangen, die den Twingo damals aufwerten sollten.

Zum Beuteschema aller Twingo-Liebhaber gehören das schlanke Lenkrad ohne Airbag, die mintfarbenen Schalter und poppigen Sitzbezüge, deren Muster an Ikea-Bettwäsche jener Zeit erinnert.
Foto: Renault

Bunte Bezüge kommen in Mode

Ausgesprochen gesucht ist dagegen das große Faltdach, das 1993 neben der Metalliclackierung, dem Radio und der Klimaanlage zu den einzigen Extras gehörte, die sich für den stilbildenden Kleinwagen bestellen ließen. Und natürlich fahren die Twingo-Enthusiasten auf Sondermodelle wie etwa die Ausstattung von Benetton oder Kenzo ab, deren individuell gestylte Polster den Kleinwagen endgültig zum Designerstück machen. Der Benetton trägt bunte, großkarierte Sitzbezüge, während der Kenzo mit blauem Velours und Metalliclack auf mondän macht. Noch etwas exklusiver kommt der Twingo Initiale daher, mit Klimaanlage, elektrischen Fensterhebern, optionalem Navigationssystem und Lederpolstern in Beige oder Blau. Luxus im Kleinen.

Drahtspeichen sind eine echte Zierde

Das Museum des vergessenen Autozubehörs, Folge zwei.

Der kleine BMW Dixi rollt in den 1920er-Jahren noch auf Drahtspeichenrädern. Bald werden sie sportlichen und exklusiven Modellen vorbehalten sein. Foto: Hersteller

Willkommen in der wunderbaren Welt der kleinen und großen Dinge, die das Auto ein bisschen schöner und besser machen: Wir wühlen im großen Regal der Zubehörgeschichte und zeigen die vergessenen Extras von gestern. Diesmal die Radspeichen-Zierblende, ein Zubehörteil, das selbst US-Massenmodellen und deutschen Mittelklassewagen einen Hauch von Noblesse verleiht.

Eine optische Täuschung

Ein Blick auf den Patentmotorwagen des Carl Benz zeigt es: Das Drahtspeichenrad ist so alt wie das Automobil selbst. Und es spricht erstmal nichts gegen seine Verbreitung, als das Auto gegen Ende des 19. Jahrhunderts laufen lernt. Ganz im Gegenteil, ein Holzspeichenrad ist weniger elastisch und fast doppelt so schwer wie sein Drahtspeichen-Pendant, das außerdem noch den Vorteil der besseren Wärmeableitung bietet. Blöd nur, dass sich die Speichenräder anfangs nicht mit den um 1895 aufkommenden Luftreifen vertragen, weil sich die Drähte immer wieder durch die Schläuche bohren. Die Lösung ist das Scheibenrad aus Stahl, auch wenn es sich erst in den Zwanzigern durchsetzt. Das Speichenrad wird daraufhin zum Erkennungszeichen der besonders distinguierten und auch sportlichen Automobile. Und, auch das: zum Vorbild einer optischen Täuschung, mit der die Hersteller von Autozubehör ein Vermögen verdienen.

Mit dem sachlicheren Stil der Sechziger setzen sich Zierblenden mit geraden Speichen durch – hier an einem AMC Marlin. Foto: Hersteller

Ein Hauch von alter Welt

Es sind mal wieder die designverliebten Amerikaner, die auf die Idee der gefälschten Drahtspeichen kommen. Die Originale kennen sie vor allem von den italienischen und britischen Sportwagen, die zu Beginn der Fünfziger auf den US-Markt fluten, während amerikanische Großserien-Marken schon lange vor dem Zweiten Weltkrieg von der Holzspeiche zum Scheibenrad übergegangen sind. Doch auch Chevy- oder Cadillac-Besitzer schätzen den Hauch von europäischem Schick, deshalb greifen sie massenhaft zu, als Radkappen im gefakten Drahtspeichen-Design auf den Markt kommen. Die kosten nicht viel, lassen sich ganz einfach auf die Serienfelge klemmen und sehen besonders prächtig aus, wenn dazu noch Weißwandreifen montiert sind.

Die Überdekoration hat Methode

Natürlich dauert es nicht lange, bis auch die großen Autobauer ein Geschäft wittern. Ganz vorne ist ab 1953 General Motors dabei, damals der größte Autohersteller der Welt, dessen Designchef Harley Earl aus Prinzip keine Möglichkeit der Überdekoration auslässt. Kurz zuvor haben Earls Designer mit den sogenannten Portholes für Aufsehen gesorgt, vollkommen funktionsfreien Auslassblenden in den Kotflügel-Flanken der Buick-Modelle. Und jetzt nehmen alle fünf GM-Marken – Chevrolet, Pontiac, Oldsmobile, Buick und Cadillac – die Fake-Raddeckel in ihr Programm auf, was prompt auch Chrysler, Studebaker, Nash und Kaiser folgen lässt. Zwar scheint der Boom zum Modelljahr 1960 vorbei zu sein, doch dann kocht er nochmal richtig hoch, als Ford und General Motors 1962/63 mit Abdeckungen im neuen Speichendesign zurückkommen. Die verchromten oder eloxierten Metallstreben kreuzen sich jetzt nicht mehr, sondern verlaufen parallel, was prima zum entschlackten US-Design jener Jahre passt. Die Kreuzspeichen kehren später als Retroelement zurück – und gehören bis tief in die 1980er-Jahre zu den Lieblingsgadgets des reiferen US-Publikums.

Nichts ist, wie es scheint: Der 1953er Buick trägt keine Drahtspeichenräder, sondern nur aufgesetzte Speichen-Zierkappen. Foto: bringatrailer.com

Ein Felgenhersteller folgt dem Trend

Wir Deutschen sehen das wie immer etwas nüchterner. Außerdem müssen die Kinder des Wirtschaftswunders erstmal den Aufstieg vom Moped zum Auto schaffen. Doch wenn sie im Käfer sitzen, im Opel Rekord oder sogar der Isabella von Borgward, dann lechzen sie nach den Drahtspeichen-Zierblenden, um deren Verbreitung sich ab 1953 der Felgenhersteller Lemmerz verdient macht. Zwei Modelle hat der Zulieferer aus Königswinter im Programm, mit und ohne gefälschten Schnellverschluss, doch beide „geben Ihrem Wagen einen modernen und sportlichen Charakter“ und „ersetzen teure Drahtspeichenräder“, wie das Prospektblatt damals wirbt.

„Eine Mode, die in Amerika großen Anklang gefunden hat“, kommt 1953 auch zu uns – der Felgenhersteller Lemmerz sorgt dafür. Foto: Archiv Christian Steiger

Die Fälschung muss nicht billig sein

Dass als Fotomodell der Mercedes 300 herhalten muss, wie ihn damals auch Kanzler Adenauer fährt, erscheint dabei nicht mal übertrieben. Eine billige Zierde sind die Fake-Radkappen nicht: Zwischen 156 und 204 D-Mark verlangt Lemmerz für den Vierersatz, was ungefähr dem halben Monatsgehalt eines kaufmännischen Angestellten entspricht. In Wirklichkeit sind es eher die Chefs, die sich sowas leisten können. Selbst Konsul Carl F. W. Borgward, der Bremer Autotycoon, lässt sich die falschen Drahtspeichen auf seinem Hansa 2400 Pullman montieren – und tippt sich an die Stirn, als sein Pressechef meint, dass ein Automobilfabrikant eigentlich echte Drahtspeichen-Felgen haben müsste.

Glatter Schnitt zum Schnellverschluss

Tatsächlich gibt es damals keinen deutschen Automobil-Hersteller, der die klassischen Räder offiziell anbietet. Porsche setzt beispielsweise auf verchromte Scheibenräder, wenn die Käufer des 356 mehr Glanz verlangen. Auch die aufgesetzten Blenden aus dem Zubehör verschwinden bald, weil der Gesetzgeber die scharfkantigen Schnellverschluss-Kopien ab 1958 als verkehrsgefährdende Teile bekämpft. Die Wiederentdeckung des Speichenrads beginnt erst mit dem Oldtimerboom und der Nostalgiewelle der 1970er-Jahre. Aber da geht es nicht um die Fälschung, sondern um das Original. Schließlich ist es so alt wie das Auto selbst.

Selbst den Plymouth Voyager, die Mutter aller sachlichen Kisten, gibt es 1985 mit Radkappen im Drahtspeichen-Design zu kaufen. Foto: Hersteller