Systeme für die Sicherheit

Ab Juli 2024 sind sie Pflicht: weitere Assistenzsysteme in allen Neuwagen.

Von einem Smartphone auf Rädern ist gern die Rede. Davon, dass einem der Spaß am Autofahren durch elektronische Helferlein vergeht. Dass der Mann früher bei Zwischengas und Lenken ohne Servopower viel mehr gefordert war. Gegen die Verherrlichung vermeintlich glorreicher Automobilzeiten gibt es ein gutes Argument: Die Unfallzahlen sinken seit 1970 drastisch. Sicherheitsgurt, Crashtests, Antiblockiersystem oder elektronisches Stabilitätssystem haben einen entscheidenden Anteil an dieser Entwicklung. Die Zahl der Autos hat sich mehr als verdoppelt – die der Verkehrstoten ist stark rückläufig: 1970 sterben auf Deutschlands Straßen rund 21.000 Menschen, 1990 sind es rund 11.000, 2010 genau 3.648 und 2023 noch 2.830. Selbstverständlich: Das sind immer noch 2.830 Frauen, Männer und Kinder zu viel. Und genau da setzt die Europäische Union (EU) an.

Mit Hightech Menschenleben schützen

Die EU möchte erreichen, dass bis zum Jahr 2038 mehr als 25.000 Menschenleben gerettet und mindestens 140.000 schwere Verletzungen vermieden werden. Hochentwickelte Fahrerassistenzsysteme sollen dazu beitragen, Fahrzeuginsassen, Fußgänger und Radfahrer besser zu schützen. Zum 7. Juli 2024 halten weitere Assistenzsysteme in Neuwagen Einzug. Bereits zugelassene Fahrzeuge sind von der Regelung nicht betroffen.

Die Verantwortung bleibt beim Fahrer

Die GTÜ Gesellschaft für Technische Überwachung mbH hält die elektronischen Helfer grundsätzlich für sinnvoll. Eines ist jedoch klar: Trotz des technischen Fortschritts bei Assistenzsystemen bleibt die Verantwortung für das Führen eines Kraftfahrzeugs unverändert bei Fahrerin oder Fahrer. Auch, weil witterungsbedingte Einflüsse wie Nebel, Schnee oder starker Regen manches System an seine Grenze bringen können. Was die neuen Helferlein können? Die GTÜ gibt einen Überblick.

Notbremsassistent

Der Notbremsassistent soll Aufmerksamkeitslücken entschärfen. Er berechnet aus mehreren Sensorsignalen ständig Geschwindigkeit und Distanz zum vorherfahrenden Fahrzeug. Ist der notwendige Sicherheitsabstand unterschritten, bremst das Fahrzeug selbständig – bei Bedarf bis zur Vollbremsung.

Intelligenter Geschwindigkeitsassistent

Das System namens „ISA“ (Intelligent Speed Adaption) ermittelt mithilfe von GPS-Daten und der Verkehrszeichenerkennung die aktuell geltende Höchstgeschwindigkeit und warnt oder bremst das Fahrzeug automatisch entsprechend ein. Die Warnung erfolgt über ein pulsierendes Gaspedal oder eine Anzeige im Cockpit.

„Black Box“

Ein Datenrekorder erfasst Bremsungen, gefahrenes Tempo und die Neigung und Position des Pkw auf der Straße. Um Datenmissbrauch zu verhindern, speichert er ausschließlich eine sehr kurze Sequenz. Auf diese Weise stehen lediglich die letzten Sekunden rund um einen Unfall für eine spätere Auswertung zur Verfügung.

Notfall-Spurassistent

Der aktive Spurhalte-Assistent warnt mittels leichter Vibrationen im Lenkrad, wenn der Pkw die Fahrspur verlässt. Der Notfall-Spurhalteassistent geht noch ein Stück weiter: Er lenkt sogar ein, wenn das Verlassen der Fahrbahn droht.

Müdigkeitserkennung

Dieses System macht den Fahrer auf nachlassende Konzentration aufmerksam. Es reagiert auf blinzelnde oder gar geschlossene Fahreraugen sowie untypische Lenkbewegungen.

Notbremslicht oder adaptives Bremslicht

Beim starken Bremsen ab einem Tempo von 50 km/h leuchten alle Rückleuchten auf und die Bremslichter blinken in schneller Folge, um andere Verkehrsteilnehmer zu warnen. Kommt das Auto zum Stillstand, schaltet sich die Warnblinkanlage ein und das Bremslicht leuchtet dauerhaft.

Rückfahrassistent

Er erkennt beim Rückwärtsfahren Hindernisse, Passanten und Radfahrer und gibt dem Fahrer eine Warnmeldung.

Alkoholempfindliche Wegfahrsperre

Hierbei handelt es sich lediglich um eine Systemvorbereitung – eine Schnittstelle für das mögliche spätere Nachrüsten einer Wegfahrsperre, die auf Alkohol reagiert. Weitere Details sind noch nicht festgelegt.

Die Systeme kennenlernen

Angesichts der Erfolgszahlen und Ziele lässt sich gegen die elektronische Unterstützung im dichten Verkehr von heute schwerlich argumentieren. Darum: Am besten macht man sich in Ruhe mit der Funktionsweise der Systeme vertraut. Um nicht vollends überrascht zu sein, wenn das Auto plötzlich auf eine vielleicht unerwartete Weise reagiert.

Ungefiltert im Oldtimer

Wer tatsächlich alles selbst bestimmen möchte beim Autofahren, kann auf einen Oldtimer zurückgreifen. Ein Widerspruch zu den EU-Bemühungen? Nicht unbedingt. Denn die Klassiker werden meist nur bei guten Straßenverhältnissen bewegt, in eher behutsamem Tempo, nur selten im hektischen Berufsfeierabendverkehr und damit insgesamt sehr umsichtig. Deshalb geschehen heute beim Fahren mit den Autos von gestern nur wenige Unfälle.

Ein Training gegen Angst und Schrecken

Ob auf zwei oder vier Rädern – die GTÜ empfiehlt Fahrsicherheitstrainings

Vielen Autofahrerinnen und Autofahrern ist die Reaktion vom rechten Sitz im Wagen durchaus vertraut: „Ich habe Angst, bitte fahre doch langsam.“ Dort hält man sich krampfhaft an Haltegriffen fest, die Augen weit aufgerissen, der Teint etwas blasser als üblich. Der Anlass? Ein leichtes Schlingern des Autos auf schneebedeckter Fahrbahn, begleitet von einem kurzen Durchdrehen der Antriebsräder. Am Steuerplatz hektisches Bremsen, heftiges Lenken, Schweißausbruch. Wie wäre es mit einem Fahrsicherheitstraining?

Ruhe statt Hektik

Danach läuft es eher so ab: Der Fahrer beruhigt den Wagen und somit die Mitfahrer. Ruhiges, gezieltes Gegenlenken, etwas weniger Gas und die Worte: „Keine Sorge, es ist nur ein bisschen glatt, ist gleich vorbei.“ Mit etwas geringerem Tempo geht es voran, der Puls des Beifahrers sinkt, der des Fahrers war gar nicht erst angestiegen.

Ein Training für jedes Fahrzeug

So reagieren erfahrene Autofahrer auf unverhoffte Straßenverhältnisse und so ziemlich alle, die ein Fahrsicherheitstraining absolviert haben. Die GTÜ Gesellschaft für Technische Überwachung mbH rät unbedingt zu solchen Kursen. Die Vielfalt ist groß, es gibt sie für Autofahrer und Motorradfahrer. Ebenso will der gekonnte Umgang mit Wohnmobil oder Wohnwagen gelernt sein. Sicherheit im Straßenverkehr bringt auch ein Training mit dem Fahrrad.

Generelle Gefährdungssenkung

Wer sein Fahrzeug gut beherrscht, kommt besser durch den Verkehr und gefährdet andere weniger. Positiver Nebeneffekt: Nach so einem Training hat man noch lange Zeit das gute Gefühl, Zeit und Geld sinnvoll investiert zu haben.

Von Basistraining bis Sportfahrerschulung

Die Fahrschule vermittelt die Grundlagen des Autofahrens. Die erste Sicherheit kommt mit den Praxiskilometern. Ein Fahrsicherheitstraining baut darauf auf. Je nach Erfahrung gibt unterschiedliche Kurse. So gibt es spezielle Trainings für junge Frauen und Männer bis 25 Jahre. Oder darf es ein Basistraining sein, ein Kompakttraining, ein Intensivtraining für den erfahren Automobilisten? Oder gar ein Sportfahrertraining samt Driftschulung? Die Ausstattung der Verkehrsübungsplätze erlaubt es, Gefahrensituationen zu simulieren. Wie reagiert der Wagen auf nasser, trockener oder glatter Fahrbahn? Was tun, wenn ein Auto plötzlich ausbricht? Wie bremse ich am besten? Wer in so einem geschützten Umfeld übt, fühlt sich für den Verkehr besser gewappnet.

Souverän auf dem Zweirad

Auch fürs Motorrad ist die Vielfalt der Möglichkeiten immens. Für Neulinge werden Sicherheitstrainings angeboten, ebenfalls für Wiedereinsteiger oder erfahrene Biker. Auch spezielle Kurventrainings gibt es. Meist enthalten sind spezielle Übungen, um das Zweirad besser zu beherrschen: Spurwechsel, abruptes Ausweichen, Bremsen auf unterschiedlichem Untergrund, extreme Kurvenlagen – alles Stichworte dieser Stunden für die Sicherheit. Sogar Schnupperkurse für Biker ohne Führerschein sind im Angebot, um herauszufinden, ob einem das Motorradfahren liegt.

Wohlige Wohnmobilfahrt

Mögen Autofahrer sich noch so routiniert im Straßenverkehr bewegen, am Steuer eines Wohnmobils fühlt sich doch manches anders an als im Pkw. Länge, Breite, Höhe – alles ist gewöhnungsbedürftig. Das höhere Fahrzeuggewicht führt zu mehr Trägheit beim Ausweichen vor Hindernissen und verlängert den Bremsweg. Weil vor allem größere Camper kaum im Alltag gefahren werden, sondern vorwiegend während der Urlaubswochen, fehlt es oft an Übung. Da ist ein auf Wohnmobile zugeschnittenes Fahrsicherheitstraining genau das richtige. Unter Aufsicht werden Rückwärtsfahren, Rangieren oder Einparken trainiert, das richtige Bremsen oder rasche Spurwechsel.

Entspannt mit dem Gespann

Besondere Herausforderungen bietet das Fahren mit Gespann. In kritischen Situationen wie einem abrupten Ausweichmanöver oder Bremsen vor allem in Kurven ändert sich das Fahrverhalten auch des Zugfahrzeugs erheblich. Zum Sicherheitstraining gehören Tipps des Instruktors. Das Ergebnis: eine steile Lernkurve. Geübt wird auch das Rückwärtsfahren mit Trailer. Gerade auf Campingplätzen spart das gekonnte Rangieren Zeit und Nerven.

Fit auf dem Fahrrad

Radfahren kann jeder? Das widerlegt die Realität mit steigender Unfallzahl bei Fahrradbeteiligung. Der Fokus der Radfahrschulen des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) liegt dementsprechend auf Kursen für Erwachsene. Sie richten sich an jene, die Fahrradfahren eben doch nie gelernt haben oder lange nicht gefahren sind. Pedelecs und E-Bikes erfordern zudem neue Fahrtechniken. Nebeneffekt des Fahrradfahrens, vor allem ohne Elektrounterstützung: Es wirkt sich positiv auf die Gesundheit aus und ist eine effektive Möglichkeit, um die Fitness zu verbessern.

Wenn Autos schwimmen – Schrecken Aquaplaning

Aber: viel Reifenprofil und Ruhe am Lenkrad helfen

Aquaplaning

Klarer Fall Aquaplaning: Erst prasselt die Gischt in die Radkästen, schon fühlt sich die Lenkung ganz leicht an, womöglich blinkt die ESP-Leuchte, und die Motordrehzahl steigt sprunghaft, weil die Räder keinen Kontakt zur Fahrbahn mehr haben. Viele Autofahrer kennen das – und damit das ungute Gefühl, nicht alles im Griff zu haben. Und nun? Bitte nicht hektisch werden vor lauter Schreck. Abrupte Lenkbewegungen oder heftiges Bremsen können zu unkontrolliertem Schleudern führen, das unbedingt zu vermeiden ist. Die GTÜ Gesellschaft für Technische Überwachung mbH empfiehlt, sich die Zusammenhänge rund um Aquaplaning immer wieder vor Augen zu führen. Das schafft Sicherheit und trägt dazu bei, kritische Situationen unbeschadet zu überstehen. 

Vorsicht vor Senken und Spurrillen 

Wasserpfützen auf der Fahrbahn in Senken und Spurrillen können zu Aquaplaning führen. Grundsätzlich gilt: Je höher der Wasserstand auf der Straße und je höher das Tempo, desto eher schwimmt ein Fahrzeug auf. Starkregen, hohes Tempo und breite Reifen knapp an der erlaubten Profilgrenze –damit ist eine Aquaplaning-Partie programmiert. 

Wasserpfützen auf der Fahrbahn

Nie unter vier Millimeter 

Wie sich die Gefahr verringern oder vermeiden lässt? Stichwort Reifen: Viel Profil hilft viel! Je größer die Tiefe ist, desto rascher wird das Wasser durch die Rillen im Gummi abgeführt. Gesetzlich vorgeschrieben ist bei Sommerreifen von Personenwagen und Motorrädern ein Profil von mindestens 1,6 Millimeter. Das schützt freilich nur noch vor einem Bußgeld, nicht jedoch gegen das Aufschwimmen des Fahrzeugs. Die GTÜ empfiehlt bei Sommerreifen mindestens vier Millimeter von profiliertem Gummi auf der Lauffläche. Neue Reifen verfügen über eine Profiltiefe von rund acht Millimeter. Außerdem gilt: Je breiter der Reifen, desto weniger kann er Wasser verdrängen. Zu niedriger oder zu hoher Reifendruck erhöht die Gefahr des Aufschwimmens ebenfalls.  

Reifenprofil

Runter mit der Geschwindigkeit 

Eine angepasste Geschwindigkeit senkt das Aquaplaning-Risiko ebenfalls ganz entscheidend. Nicht ohne Grund verkünden zahlreiche „Bei Nässe 80 km/h“-Verkehrsschilder auf Autobahnen die passende Maximalgeschwindigkeit. Auch die GTÜ empfiehlt dieses Tempo als Faustregel für eine sichere Fahrt auf der regenreichen Straße. Ist der Regen allerdings derart heftig, dass die Wischer kaum noch mit dem Wasser auf der Frontscheibe fertig werden, ist auch dieses Tempo zu hoch. Nur bitte nie hektisch bremsen. 

Wasser kann man lesen 

Autofahrer mit etwas Erfahrung und einem geschulten Blick sehen Aquaplaning-Gefahren voraus. Das ist durchaus im Wortsinn gemeint. Stehendes Wasser in Senken oder Spurrillen verändert den Grauton der Asphaltoberfläche oder spiegelt sich sogar. Auch im Scheinwerferlicht entsteht selbst bei Dunkelheit derselbe Effekt. Die heftig aufspritzende Gischt von vorausfahrenden Autos liefert ebenfalls deutliche Hinweise auf viel Wasser auf der Fahrbahn. Verwischen die Fahrspuren von Reifen vorherfahrender Autos auf nassem Asphalt, befindet sich sehr viel Wasser auf der Straße. Spurrillen kann durch leicht versetztes Fahren ausgewichen werden. 

Spiegelung von Scheinwerferlicht

Oft nur ein kurzer Spuk 

Kommt es trotz aller Vorsicht zu Aquaplaning, beruhigt die Tatsache, dass sich auch ein nicht mehr richtig zu kontrollierendes Auto zunächst in der bisherigen Richtung weiterbewegt. Somit also: Das Lenkrad festhalten, vom Gas gehen, nicht bremsen und kurz abwarten. Meist finden die Räder nach wenigen Sekunden wieder Grip, und die Gefahr ist gebannt. Das immer elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) ist ein nützlicher Helfer – kann aber die Physik auch nicht außer Kraft setzen.