Schattige Tour in die Natur

Teil vier unserer Deutschlandreise führt in den Teutoburger Wald.

Vor lauter Wald sieht man die Giulia ganz gut (Fotos: Niklas Gotta)

Teutoburger Wald? Das hört sich groß und mächtig an. Nach viel grüner Natur und noch mehr antiker Geschichte. Nur: Wo genau fängt denn der Teutoburger Wald an? Wir fragen eine junge Frau. Sie lacht: „Vielleicht noch vier Kilometer in diese Richtung, bei den Karlsteinen.“ Die Karlsteine liegen versteckt an der Landstraße vor Lechtingen. Aus unserer Giulia Quadrifoglio heraus entdeckt man sie nur, wenn man bei Tempo 25 aufmerksam in den Wald blickt. So langsam – das passt der Giulia gar nicht, sie will lieber mit ihren strammen 510 Pferden ein Ausrufezeichen setzen, verharrt aber trotzdem bei frommer Untertourigkeit in schweigsamer Duldungsstarre. Schließlich haben ihre römischen Vorfahren vor 2013 Jahren in dieser Gegend hier eine dicke Abreibung verpasst bekommen. Die Giulia ist quasi auf Wiedergutmachungs-Tour.

Einheimische kürzen auf „Teuto“ ab

Nun also die Karlsteine: ein sogenanntes Neolith-Grab, vielleicht 5500 Jahre alt, als jungsteinzeitlich. Was hat Menschen einst dazu bewogen, so dicke Wacker übereinanderzustapeln? Und vor allem: Wie haben sie das fertiggebracht ohne hydraulische Werkzeuge? Keine Zeit für Fragen, unser Alfa Romeo treibt weiter auf der Straße der Megalith-Kultur. Zunächst geht es ins niedersächsische Hörstel. Hier erheben sich sanft aus nordwestlicher Richtung die ersten Anhöhen des Teutoburger Walds. Einheimische kürzen ihn mit jovialer Leichtigkeit einfach mit „Teuto“ ab. Das Gebiet erstreckt sich über mehr als 100 Kilometer von Hörstel an Osnabrück vorbei und durch Bielefeld bis südlich von Paderborn.

Macht auf das Tor: Wasserschloss Surenburg bei Hörstel

Kopfsteinpflaster als Sonderprüfung

Auf Hörstel lassen wir kleine Orte wie Riesenbeck folgen, der mit dem Wasserschloss Surenburg unserem Trip sogleich ein malerisches Highlight bietet. Aber, sorry: Privatbesitz, hier darf keiner drauf, die Nachkommen des Landedelmanns Heereman von Zuydtwyck wollen unbehelligt bleiben. Für ein schnelles Foto in der Toreinfahrt dürfen wir dennoch den Alfa auf dem teuren Kies parken. Durch hochstämmige Alleen führt uns der Weg via Ibbenbüren in Richtung Tecklenburg: ein verspieltes Örtchen, in dem so gut wie kein Verkehr herrscht. Nur auf den ersten Blick ein typisches Ausflugsziel für kaffeefahrende Rentner, machen hier die steilen, engen Kopfsteinpflaster-Sträßchen das Herumlaufen zu einer ordentlichen Anstrengung.

Westfalen in Niedersachsen

Über Lengerich zieht es uns zu einem Abstecher über die Anhöhen des Teutoburger Walds nach Osnabrück – mit 169.000 Einwohnern die größte westfälische Stadt auf niedersächsischem Boden. Hier, wo 1648 der Westfälische Friede unterzeichnet wurde, verzaubert eine intakte historische Altstadt mit frühmittelalterlichem Charme ihre Besucher. Aber auch außerhalb von Osnabrück findet sich Sehenswertes: Stolz platziert sich die Giulia im Museum für Industriekultur vor einem alten Dampfhammer. Die visuellen Gegensätze der modernen Sport-Limousine und dem Schlagwerkzeug von 1890, das ein halbes Jahrhundert lang in Betrieb war, könnten größer nicht sein.

Wo die Giulia die Kurve kriegt

Nun zieht es die Giulia wieder zurück auf die kurvigen Landstraßen im Wald. Wir passieren von Ost nach West den Mittelgebirgskamm und rollen hinab Richtung Georgsmarienhütte – ein großer Ortsname. Er stammt von seinen Gründern, dem letzten Herrscherpaar im Königshaus Hannover. Georgsmarienhütte steht zudem für die gewaltige Stahlproduktion. Auch die Autoindustrie im Raum Osnabrück findet hier ihre Ausgangsprodukte. Fünf Kilometer weiter in Bad Iburg bewundern wir das Schloss, ebenso einen markanten Turm, von dem aus ein wunderbarer Baumwipfel-Pfad beginnt.

Zwei Kilometer langer Asphaltrausch

Wir verweilen nur kurz, denn die Giulia zieht es weiter hinaus ins Grüne, und wir ahnen bereits, wohin es gehen soll. Kurven am Limit zu nehmen entspricht der natürlichen Verhaltensweise der Italienerin. Der Teutoburger Wald gibt auch hier genügend Gelegenheit. Irgendwo im Hinterkopf wabert noch ein Fitzelchen Erinnerungsmasse: Gibt es nicht dieses Bergrennen bei Osnabrück? Sofort gegoogelt – und plötzlich offenbaren sich willkommene Aussichten: Keine zehn Kilometer weiter hinter dem etwas abseitigen Borgloh findet sich alsbald eine versprengte Ansiedlung mit Bauernhöfen – Uphöfen genannt. Hier liegt die Startlinie zu einem kleinen, nur zwei Kilometer langen Asphaltrausch, der die Giulia in zehn teils engen, teils schnellen Kurven fordert. 

Deutschlands höchste Statue

Im Wohlfühlmodus geht es an Bielefeld vorbei zügig hin zum Hermannsdenkmal, das unweit des höchsten Bergs im kleinen Mittelgebirge, dem Barnacken (446 Meter), liegt. Allerdings: Die berühmte Schlacht des Cheruskerfürsten Arminius – eingedeutscht Herrmann – gegen drei römische Legionen fand nicht hier statt, sondern hundert Kilometer weiter nordwestlich in Bramsche. Im südlichen Teutoburger Wald befand man einfach nur den Platz für das Standbild bestens geeignet. Die Arbeiten dauerten 37 Jahre, mit Unterbau, Kuppel und Figur beträgt die Gesamthöhe 53,46 Meter – damit ist es die höchste Statue Deutschlands. Mehr als 2000 Jahre später kommt die Giulia nun als ultraspätrömische Abgeordnete einzig mit friedlichen Absichten – und sie darf gern bleiben.

Die GTÜ in Ostwestfalen

Kim Torben Seizer, Gebietsbeauftragter West der GTÜ, mag die Region des Teutoburger Waldes, in der über 80 GTÜ-Partner zuhause sind: „Hier finden sich eine Menge urgermanischer Brocken.“ Ihm gefällt auch die ostwestfälische Mentalität, die er so charakterisiert: „Wahrheitsverbunden und auf ganz eigene Art und Weise ebenso trocken wie lustig.“

Neues von der GTÜ-Sommertour

Teil zwei unserer Deutschlandreise führt in den Thüringer Wald.

Grün und Blau – aber nicht zum Ärgern: der Ritzebühler Teich (Fotos: Zbigniew Mazar)

Eisenach kennt jeder aus dem Religionsunterricht oder aus der Automobilhistorie. Natürlich geht es bei der Sommertour der GTÜ und der Autozeitung immer ums erfahren, aber auch ums Fahren Diesmal mit einem Mercedes AMG E 63 S 4Matic. Die sportliche Limousine erweist sich bei den Etappen durch den Thüringer Wald keineswegs als so sperrig wie die lange Typenbezeichnung vermuten lässt.

Landstraße oder Wanderweg?

Eisenach liegt noch im Flachland am nördlichen Rand des Thüringer Walds, ist aber eine angenehme Ouvertüre für das Mittelgebirge, das sich von Nordwesten lang und leicht geneigt nach Südosten zieht. Ein Gebiet, das bei Natur- und Sportfreunden ebenso Begeisterung hervorruft wie bei Liebhabern verwinkelter Landstraßen. Nur zu einladend geben die mal weit geschwungen, mal engen Asphaltbänder unserer V8-Sportlimousine die Gelegenheit, ihre hervorragend dirigierbare Fahrdynamik zu demonstrieren. Aber zuerst wollen wir auf Eisenach blicken.

Einer von 40.000 Besuchern jährlich vor dem Luther-Haus in Eisenach

Wo Luthers Thesen herkommen

Das Städtchen mit seinen 42.000 Einwohnern ist reich an Historie und geprägt durch viele Kulturdenkmäler – besonders durch die Wartburg, die sich außerhalb der Stadt 220 Meter hoch auf einem schmalen, schroffen Felsgrat erhebt. Bei guter Fernsicht blickt man von dort aus bis auf den Brocken im Harz. Das wuchtige Gemäuer zählt seit 1999 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Mehr noch als ein Wahrzeichen für die Gegend ist die Wartburg jedoch ein deutsches Symbol: Hier übersetzte Martin Luther 1521/22 die Bibel aus dem Griechischen ins Deutsche, während er sich vor der Verfolgung durch Kaiser Karl V. versteckte. Und hier legte der Theologieprofessor einst die Grundlagen seiner Reformation, die weitreichende Folgen für die Gesellschaft hatte.

Deutsches Wahrzeichen: die Wartburg

Kein Rost ohne Wurst

Unmittelbar hinter dem Burg-Parkplatz stoppen wir an einer Würstchenbude. Herzhafte Thüringer Rostbratwürste und dazu die heimatliche Mandora-Limonade – die heutige Kultmarke gab es schon zu DDR-Zeiten. Eine willkommene Stärkung, es gibt noch so viel zu sehen und zu fotografieren: Marktplatz mit Georgsbrunnen und Stadtschloss, Georgenkirche, das Lutherhaus und natürlich das Geburtshaus von Musikgenie Johann Sebastian Bach. Die Automobile Welt schließlich beschäftigt sich mit 100 Jahren Autobau in Eisenach.

Rost tut nur der Wurst gut

Alles ganz friedlich, selbst in der Waffenstadt

Wir lassen uns weiter durch die Hochebenen des Thüringer Walds treiben, genießen Aussichten auf 800 und 900 Meter hohe Gipfel und blinzeln bei untergehender Frühjahrssonne in dichte, unbesiedelte Wälder mit grünen Tälern. Station erst in Ruhla, wo die Uhrenindustrie zuhause ist und dann in Suhl, das sich als Waffenstadt bezeichnet hat. Der Ort blickt auf eine fast 600-jährige Geschichte der Fertigung von Handfeuerwaffen zurück. 1991 beeilten sich die Stadtväter in bester Wendemanier flugs, ihr Suhl als „Stadt des Friedens“ zu propagieren. Neben dem Waffenmuseum gibt es noch das Motorradmuseum zu bestaunen, schließlich hat die Zweiradmarke Simson hier ihren Ursprung.

Ziemlich lange in die Röhre geguckt

In Richtung Oberhof tauchen wir zunächst auf der A71 vor Zella-Mehlis in den längsten Autobahn-Tunnel Deutschlands ein: Die 7.916 Meter lange, vierspurige Betonröhre gilt als herausragendes Verkehrsbauwerk. Stetig erklimmen wir dann die höchsten Höhen des Thüringer Walds. Nur zu gern wechseln wir bei der geschmeidig agierenden Achtstufen-Automatik in den engeren Kehren in den manuellen Schaltmodus. Der Fahrspaß passt zum sonnigen Wetter, jetzt steuern wir den Schneekopf an, den höchsten Punkt Thüringens.

Sakralbau aus der Barockzeit: Kreuzkirche Suhl

Die Thüringer proben den Absprung

In Oberhof findet sich nicht nur das Hotel Panorama, das an zwei gegenläufige Ski-Sprungschanzen erinnert, sondern auch die große Schanzenanlage außerhalb am Kanzlersgrund. Überhaupt, das Skispringen: im Thüringer Wald wird im Winter von fast 100 Anlagen gesprungen. Doch auch Mountainbiken ist hier ein großes Thema: Auf dem Gelände der Bobbahn in Oberhof findet sich im Sommer eine Downhill-Strecke. Zudem ist der Rennsteig einer der beliebtesten Wanderwege Europas: Sein Startpunkt liegt in Eisenach, führt dann über den Kamm des Thüringer Walds und endet erst 170 Kilometer südöstlich im fränkischen Blankenstein.

Risiko und Schanze: Oberhof wartet auf den Winter

Auf Goethes Spuren – ein Gedicht

Lassen Sie uns noch schnell einen Abstecher nach Ilmenau machen: Goethe war häufig hier, das ist immer noch wichtig für den Tourismus. Das gepflegte Städtchen ist geprägt von herrlichen historischen Bauten, aber auch von einer renommierten Technischen Hochschule. Dann müssen wir umdrehen. Dabei gäbe es noch so viel mehr zu erleben: die Bergrennstrecke des Glasbachrennens bei Bad Liebenstein, südlich des Gebirgskamms oder nördlich davon die Burgen „Drei Gleichen“ mit der monumentalen, noch intakten Veste Wachsenburg. Wir könnten direkt noch einmal zwei Tage lang mit dem AMG durch das Mittelgebirge brausen…

Die GTÜ in Thüringen

Philipp Hielscher, Gebietsbeauftragter der GTÜ für Thüringen, schätzt an den Menschen im Bundesland vor allem deren „Bodenständigkeit“ und mag persönlich die große Vielfalt der Landschaft. Die meisten Partner der Prüforganisation finden sich entlang der Autobahn A4, die Thüringen in zwei Hälften teilt. Eine Niederlassung des Sachverständigen-Büros Schmidt & Benz hat sich dabei auf Bootsprüfungen für die Hohenwarte- und Bleilochtalsperre spezialisiert, andere widmen sich aktiv der Oldtimer-Szene.