Auf der Kanonenkugel quer durch die USA

Classic News im Blog: die Dramen der Motorcycle Cannonball.

Zwar von vorgestern, aber immer bereit für die nächste Etappe (Foto: Melissa Shoemaker bikerphotog.com)

Die Cannonball-Rennen, eine illegal wilde Autojagd quer durch die USA, sind durch Hollywood-Filme zur Legende geworden. Kaum jemand kennt jedoch die legale Variante für historische Motorräder bis zum Baujahr 1933, die auch in diesem Jahr wieder ausgeschrieben ist – zu Ehren des deutschstämmigen Erwin George „Cannonball“ Baker. Der startete 1914 auf einer Indian Powerplus erstmals zu einem Rennen, das von der Ost- zur Westküste ging – angesichts fehlender Straßen streckenweise über Äcker und Wiesen. 1933 legte Baker mit einem Graham-Paige Motorwagen die Strecke von New York nach Los Angeles in einer Rekordzeit von 53 Stunden zurück. Die Bestmarke überdauerte 40 Jahre. Baker selbst blieb bis zu seinem Tod 1960 im Alter von 78 Jahren unermüdlich und absolvierte insgesamt 143 Rekordfahrten.

Wo die alten Eisen glänzen können

Das rollende Museum amerikanischer Motorradgeschichte bewegte sich im September 2010 erstmals als „Motorcycle Cannonball“ durch die Vereinigten Staaten von Amerika. 45 Gleichgesinnte nahmen die transkontinentale Reise in Kitty Hawk an der Atlantikküste von North Carolina auf. Bei der zweiten Auflage 2012 standen bereits 77 Fahrer in Newburg, Bundesstaat New York, an der Startlinie. Die alten Eisen gingen auf eine fast 4.000 Meilen lange Fahrt nach San Francisco. Beim Cannonball auf zwei Rädern werden über zwei Wochen hinweg sowohl die Fähigkeiten der Fahrer als auch die Langstreckentauglichkeit der Maschinen unter Beweis gestellt.

Jahrhundertereignis im neuen Jahrtausend

Ein Jahrhundert nach Bakers erster Fahrt fanden sich im September 2014 genau 101 Fahrer am Sandstrand von Daytona in Florida, ein, um die kommenden 16 Renntage unter die Räder zu nehmen und das Ziel Tacoma im Staat Washington anzusteuern. Die Nachfrage nach klassischen Motorrädern in den USA schnellte anschließend sprunghaft in die Höhe. Motorradauktionen, eBay und alle anderen Plattformen für antike Motorräder und Ersatzteile wurden dabei überschwemmt mit Anfragen von Cannonball-Enthusiasten. Die Strecke des Rennens im Jahr 2016 führte dann von Atlantic City/New Jersey, nach Carlsbad/Kalifornien, und 2018 raste der Pulk die nördliche Route von Portland in Maine nach Portland in Oregon entlang. Nach einer Pandemiepause starteten im Jahr 2021 erneut 88 Motorräder von Sault Sainte Marie an der kanadischen Grenze nach South Padre Island in Texas und legten dabei in 16 Etappen rund 3.715 Meilen zurück.

Logo, dass der Zweirad-Klassiker auf ein historisches Erscheinungsbild setzt (Bild: Motorcycle Cannonball.com)

Die Tour ist immer auch eine Tortur

Die Nord-Süd-Distanz wurde von 88 Fahren aus den USA und dem Deutschen Jürgen Ullrich bezwungen. Die Mehrzahl der historischen Motorräder stammten von Harley-Davidson und Indian, dazu kamen einigen Exoten wie Henderson und Excelsior. Auch drei englische Norton vom Typ 16H und 16 T aus den 1920er Jahren, eine Norton TT aus dem Jahre 1915 und eine BMW R52 von 1928 wagten sich über die zwei Wochen dauernde Tour. Die auch eine Tortur war, schon nach vier Etappen wagten sich nur noch 55 Piloten weiter. Nach der finalen 16. Etappe wurden auf der an der Grenze zu Mexiko gelegenen Insel South Padre Island nur noch 33 Fahrzeuge gewertet. Dave Currier schaffte es mit seiner Harley-Davidson 7 A aus dem Jahre 1911 trotz zahlreicher Reparaturen zum Sieg.

Im September vom Atlantik zum Pazifik

Der nächste „Motorcycle Cannonball“ wird turnusgemäß im Jahre 2023 ausgetragen, wieder vom Atlantik zum Pazifik. Der Start erfolgt im September 2023 in Virginia Beach und endet nach über 3.700 Meilen im kalifornischen Huntington Beach. Anmeldungen und Informationen: motorcyclecannonball.com

Grenzgänger: Auf dieser Karte werden die Dimensionen der Cannonball-Tour deutlich (Bild: Motorcycle Cannonball.com)

Ford: Auf zum letzten Fiesta

Classic News im Blog: Das Aus nach der achten Generation.

Der Fiesta in seiner deutschen Heimatstadt Köln: Nicht nur Energiedrinks verleihen Flügel (Fotos: Ford-Werke GmbH)

Henry Ford II höchst persönlich stellte 1976 einen Kleinwagen vor, den er Fiesta taufte. Als Alternativen hatte Ford auch Namen wie Pony oder Metro für das Fahrzeug mit dem Projektnamen „Bobcat“ auf dem Spickzettel. Mit dem Fiesta befriedigte der US-Konzern die große Nachfrage nach Kleinwagen. Nach 47 Jahren, acht Modellgenerationen und rund 18 Millionen gebauten Fiestas wird die Produktion in diesem Sommer eingestellt. Nachfolgen sollen neue E-Modelle.

Ein goldenes Exemplar wird bleiben

Der kleine Ford wurde auch zum waschechten Europäer. Neben dem Kölner Ford-Werk in Deutschland, wurde auch im englischen Dagenham und im spanischen Valencia montiert, dazu entstand in Großbritannien auch die erfolgreiche Rallye-Version, mit der Ford M-Sport drei Weltmeister-Titel und 470 Gesamtsiege einfahren konnte. In Köln immerhin bleibt ein goldenes Wahrzeichen über den Dächern der Stadt. Der vom Aktionskünstler HA Schult gestaltete Fiesta der ersten Generation grüßt mit ausgebreiteten Flügeln seit über 30 Jahren vom Turm des Kölner Stadtmuseums. Die Werke in den Stadtteilen Niehl und Merkenich werden bereits zum Cologne Electrification Center umgebaut. Überhaupt soll nicht nur der Fiesta weichen, sondern auch die Produktion von Verbrennungsmotoren komplett nach Bulgarien verlagert werden.  

1979 beginnt die Fiesta-Produktion am Rhein

Seit 1979 ist der Ford Fiesta in Köln gebaut worden. Nach der bis 1981 hergestellten ersten Generation zum Listenpreis von anfänglich 5.100 DM startete 1983 die zweite Generation mit Motoren von 1.0 bis 1.4 Liter, wobei der Fiesta Ghia die Luxusvariante der rund 30 Typen in jener Zeit war. Hinzu kamen die ersten 1.6 Liter-Dieselmodelle. Dazu kam das Fiesta XR2 Sondermodell mit 95 PS Leistung. Generation Drei startete 1989 mit rund 45 Modell-/Motorenvarianten von 1.1 Liter- bis 1.8 Liter. Die Listenpreise begannen bei 17.120 DM und erreichten 1996 schon 22.360 DM. Die Sondermodelle Fiesta XR2i mit 130 PS Leistung beliefen sich auf 29.950 DM.

H-Kennzeichen für die ersten drei Generationen

Für Classic Fans sind diese ersten drei Generationen interessant, da die Fiesta Modelle aus den Baujahren 1976 bis 1992 jetzt eine H-Zulassung bekommen können. Neben den XR-Modellen bieten sich auch die Luxusausführungen des Fiesta Ghia oder das Sondermodell Fiesta Calypso an, das 1991 mit 1.1 Liter Motor und Kat an den Start ging.

Der Fiesta neigt sich dem Ende zu

Die vierte Generation des Fiesta startete 1996 mit dem Fiesta 1.3 Focus und endete 1999 mit dem Fiesta Style 1.8 Diesel, der für rund 12.000 Euro zu haben war. Die fünfte und sechste Generation der Fiestas (1999-2005) sah neben einigen Facelifts sowohl drei- als auch vier- und fünftürige Versionen und eine Inflation an Sondermodellen mit Bezeichnungen wie Trend, Futura, Economy, Florida oder Kool. Das teuerste Modell war der Ghia 1.8 TD von 2001, der 15.700 Euro kostete. Die ab 2008 gelieferte siebte Generation bekam noch 2021 ein umfangreiches Facelift, doch die Verkaufszahlen gingen weiter zurück. Bis zum Produktionsende wird ausschließlich nur noch die fünftürige Version vom Band laufen.

M-Sport nimmt den Fiesta sportlich: Auf zum Schlussspurt (Foto: M-Sport Ford, Ford GmbH)

Saab 900 Cabriolet: Der Schwede aus Finnland

Über den Siegeszug eines frühen Lifestyle-Cabrios.

Augenöffner: Das Saab 900 Cabriolet (Fotos: Herbert Schulze)

Ein schwedisches Auto, das aus Finnland kommt… Die Anfänge der Saab-Produktion in Finnland gehen im Grunde auf ein Rüstungsgeschäft zurück, bei dem Waffen aus schwedischer Produktion gegen finnisches Automobil-Knowhow getauscht wurden. Dazu wurde in Uusikaupunki, schwedischer Name Nystad, die Firma Saab-Valmet Automotive gegründet. Und obwohl es dort empfindlich kalt werden kann, entspringt dieser Produktion die komplette erste Serie des Saab 900 Cabriolets. Die zweite Serie, nach Übernahme von Saab durch den US-Autobauer General Motors, kam dann aus Schweden. Insgesamt gibt es 48.900 „finnische“ Saab-Cabrios.

Der offene Saab wird Hollywood-Star

Angekündigt wurde das Cabriolet bereits im Herbst 1983 auf der IAA, doch erst drei Jahre später begann die Produktion. Die ersten 400 Modelle gingen allerdings komplett in die USA und tauchten in den Filmen von Bette Middler und Woody Allen auf – was perfekt fürs Image war. Die danach in Europa erhältlichen offenen Saab 900 sind fast 30 Jahre nach Produktionseinstellung immer noch Legende. Auch deshalb, da die an der Entwicklung beteiligten US-Ingenieure das schwere Lifestyle-Cabrio mit allem ausgestattet haben, was man damals vergeblich bei anderen Herstellern suchte. Die Kooperationspartner American Sunroof Corporation (ASC) und Valmet stellten ein Fahrzeug auf die Beine, das neben einer Vollcabriolet Panorama-Scheibe, Ledersitze, ein elektrohydraulisches Verdeck mit heizbarer Heckscheibe aus Glas, einen großen Kofferraum und ein dreilagiges dickes Stoffverdeck aufwies, das absolut dicht war und somit die Funktion einer Klimaanlage sinnvoll machte.

Ein gerader Rücken kann entzücken

Die Produktion ist gleich ausverkauft

Die Motorisierung dieser ersten Serie war wahlweise mit einem Vierzylinder DOHC-16V-Motor mit 2.0 oder 2.1 Liter Hubraum ausgelegt, die mit oder ohne Turbo lieferbar waren. Neben einem 5-Gang-Schaltgetriebe waren zunächst in den USA auch eine Dreistufenautomatik erhältlich. Nahezu 7000 Neukunden orderten damals jährlich eines dieser Saab 900 Cabriolets, die gesamte Produktion bis 1989 war ausverkauft. Das leichte Facelifting danach wurde von den Käufern kaum bemerkt und das Cabriolet behielt trotz Stoffverdeck die stabile Form der Limousine bei.

Alles, was die Limousine kann – und noch mehr

Denn vom Prinzip her war das 900 Cabriolet eine zweitürige Saab 900 Limousine mit einem elektro-hydraulischen wetterfesten Verdeck, das vollständig versenkt werden konnte und Raum gab für fünf Sitzplätze mit Lederausstattung. Für den Umbau zum Cabriolet verstärkten die finnischen Hersteller die selbsttragende Karosserie des zweitürigen Sedan im Bereich der Bodengruppe und der Schweller mit zusätzlichen eingeschweißten Blechen. Dazu wurde die Windschutzscheibe noch etwas flacher angepasst und der Rahmen insgesamt kräftiger dimensioniert, um dem Cabriolet mehr Verwindungssteifheit zu geben.

Sehr gut verarbeitet, sehr gesucht

Von Vorteil erwies sich die sehr gute Verarbeitung Cabriolets der ersten Serie, die äußert haltbar und mit entsprechend hohen Kilometerständen angeboten werden. Negativ sind die hohen Ersatzteilpreise, die vor allem bei dem dreilagigen Stoffverdeck und bei den Turbomotoren ins Geld gehen. Die Marktlage ist allerdings gut, denn das Modell war immer ein Liebhaberautomobil, das überwiegend im Sommer gefahren wurde. Die Preise schwanken bei guter Pflege und moderater Laufleistung im Jahre 2022 für ein Saab 900 Cabriolet der 1. Serie zwischen 35.000 bis 40.000 Euro für eine Note 1-2, rund 20.000 bis 27.000 Euro für eine Note 2 und 12.000 bis 15.000 Euro für eine Note 3. Die Turbo-Modelle kosten entsprechend etwas mehr und sind sehr gesucht. Generell ist ein gleichbleibender Wertanstieg feststellbar.

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Saab 900 Cabriolet: was technisch alles in ihm steckt

Das Saab 900 Cabriolet der ersten Serie war mit 4-Zylinder-Motoren in Reihe, zwei oben liegende Nockenwellen, ohne und mit Turbolader 129 kW (175 PS) und Fünfganggetriebe lieferbar. Das Fahrzeug hatte Vorderradantrieb und ein stolzes Leergewicht von 1315 kg. Die Bereifung war mit 195/60 VR 15 dimensioniert, Scheibenbremsen vorne und hinten, ab 1991 ABS serienmäßig, vorne Einzelradaufhängung, hinten Starrachse. Der Verbrauch betrug durchschnittlich 13 Liter Superbenzin auf 100 km. Von 0 auf 100 km/h ging es in 8,7 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit 205 km/h. Der Neupreis ohne Sonderausstattungen lag zu Beginn der europäischen Lieferbarkeit im Jahre 1987 bei rund 67.100 DM.